Flora Incognita hat sich in Deutschland etabliert
Die von uns entwickelte Flora Incognita App nutzt modernsten Methoden des maschinellen Lernens, die es möglich machen, Smartphone-Fotos mit einer enormen Genauigkeit zu klassifizieren. Das erlaubt eine leichte und sichere Pflanzenbestimmung auch für Menschen mit geringem oder keinem taxonomischen Vorwissen. Mit über 5 Millionen Downloads seit 2018 und über 300.000 Bestimmungsanfragen täglich hat sich die Flora-Incognita-App in Deutschland zu einer wichtigen Instanz in Sachen Biodiversitätsmonitoring entwickelt. Durch die weite Verbreitung in der Bevölkerung ist es nun möglich, in Echtzeit Pflanzenvorkommen in einem noch nie da gewesenen Umfang zu dokumentieren. Das eröffnet vielfältige Möglichkeiten für Citizen Science im Bereich des Monitorings biologischer Vielfalt.
Phänologisches Monitoring
Die meisten Nutzer:innen der App nehmen eine Pflanze auf, wenn sie ihnen ins Auge sticht, zum Beispiel in voller Blüte oder wenn Früchte reifen. Das sehen wir an der Anzahl der Beobachtungen pro Pflanzenart im Jahresverlauf. Diese phänologischen Phasen sind unter anderem abhängig von klimatischen Gegebenheiten. Wird die App über mehrere Jahre verwendet, können wir langfristig die Beobachtungsdaten mit Klimaveränderungen abgleichen. So können wir beispielsweise Zeitverschiebungen bei Blütezeiträumen erkennen und somit Auswirkungen des Klimawandels auf biologische Systeme besser verstehen lernen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Beobachtungsdaten mit der Flora-Incognita-App die phänologischen Erhebungen des Deutschen Wetterdienstes sehr gut ergänzen können.
Pflanzen werden vor allem beobachtet, wenn sie blühen – die Unterschiede zwischen den Jahren sind in unseren Daten gut sichtbar
Beobachtete Verbreitung der invasiven Orientalischen Zackenschote (Bunias orientalis) in Deutschland und angrenzenden Ländern
Monitoring der Ausbreitung von (invasiven) Arten
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Flora-Incognita-Daten ist das Monitoring der Ausbreitung von invasiven Pflanzenarten. Diese stellen oft eine Bedrohung der ansässigen biologischen Vielfalt dar, und die Kontrolle und Bekämpfung der Ausbreitung ist mit hohen Kosten für unsere Gesellschaft verbunden: Schätzungen gehen von fast 12 Milliarden Euro pro Jahr allein in Europa aus.
Die Abbildung veranschaulicht das Potenzial unserer Daten zur Bewertung der räumlichen Vorkommensmuster von Bunias orientalis, der Orientalischen Zackenschote, einem invasiven Neophyten in Deutschland. Die gelbblühende Art breitet sich rasch aus und verdrängt heimische und seltene Pflanzenarten aus artenreichen Wiesen- und Halbtrockenrasenbiotopen.
Da die frühzeitige Erkennung und eine schnelle Reaktion entscheidend sind, um die Ausbreitung und Etablierung solcher invasiven Arten zu verhindern, kann Flora Incognita hier einen wertvollen Beitrag liefern. Aktuelle und hoch aufgelöste Daten zum Vorkommen können von Naturschutzbehörden genutzt werden, um schnell passende Bekämpfungsmaßnahmen für zahlreiche invasive Arten einzuleiten.
Darüber hinaus kann Flora Incognita von Organisationen genutzt werden, um eigene Citizen-Science-Projekte zu starten, die sich mit Forschungsfragen zur biologischen Vielfalt in städtischen und landwirtschaftlichen Gebieten befassen. Beispiele finden Sie auf unserer Webseite unter Kooperationen.
App-Entwicklung & Didaktik
Um die bestehende Datenbasis weiter auszubauen und das Nutzererlebnis weiter zu verbessern, wird die Flora-Incognita-App kontinuierlich weiter ausgebaut und basierend auf den Bedürfnissen der Nutzer:innen weiterentwickelt. So wird die Pflanzenbestimmung bald weltweit mit größter Genauigkeit möglich sein – neue KI-Netze klassifizieren über 16.000 Pflanzenarten, darunter auch Zier- und Nutzpflanzen. In der Entwicklung der automatsichen Bestimmung konzentrieren wir uns im Rahmen des Projektes auf schwer zu ekennende Artengruppen wie z.B. Gräser. Um die Begeisterung für das Pflanzensammeln zu erhöhen, sorgt ein Gamification-Aspekt (Abzeichen mit verschiedenen Levels) dafür, dass die Nutzer:innen gezielt nach Arten Ausschau halten, die noch nicht in der eigenen Beobachtungsliste sind. Gepaart mit der gezielten Vermittlung von Pflanzenwissen, Tipps und Tricks zur App und den aktuellen Forschungsneuigkeiten in den beliebten App-Stories lädt Flora Incognita Menschen jeden Alters ein, ein ganz aktiver Teil der Citizen Science Community zu werden: Erkennen. Informieren. Mitforschen.
Neuigkeiten
Hier können Sie die aktuellen News aus dem Flora Incognita ++ Projekt lesen. Folgen Sie uns auf unseren Social-Media-Kanälen, wenn Sie auch über kleine Erfolge und Aktionen aus der Forschungsgruppe informiert sein wollen.
Wer macht das möglich?
Das Flora Incognita++ Projekt ist ein gemeinsames Projekt der Technischen Universität Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena. Es wird durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz gefördert.