Pollenallergien – ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem
Pollenbedingte Atemwegsallergien betreffen bis zu 30% der Weltbevölkerung, Tendenz steigend. In Deutschland erkranken derzeit 15 % der Erwachsenen und 11 % der Kinder mindestens einmal in ihrem Leben an einer allergischen Entzündung der Nasenschleimhaut, ausgelöst durch Pollen.
Die damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen führen jährlich zu erheblichen wirtschaftlichen Kosten – unter anderem durch Arbeitsausfall, medizinische Behandlung und eingeschränkte Leistungsfähigkeit.
Durch den Klimawandel wird sich die Problematik in den nächsten Jahren weiter verschärfen, denn frühere und ausgedehntere Wärmeperioden führen zu länger blühenden Pflanzen – mit den entsprechenden Konsequenzen durch längere Pollen-Belastungsphasen.
Pollenvorhersage
Die derzeitige Pollenvorhersage des Deutschen Wetterdiensts liefert täglich regionale Einschätzungen der Pollenbelastung für acht allergologisch wichtige Pollen. Die lokale, individuelle allergische Belastung kann jedoch stark von diesen Einschätzungen abweichen. Grund dafür sind lokale Unterschiede in der Blühintensität der Pflanzen, sowie Effekte des Wetters und Mikroklimas.
Um künftig präzisere und individuellere Vorhersagen zu ermöglichen, arbeiten im Projekt PollenNet die TU Ilmenau, das Max-Planck-Institut für Biogeochemie, das Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Leipzig und das Universitätsklinikum Leipzig zusammen. Ihr Ziel: Allergiesymptome und Medikamenteneinnahme mit lokalen Pollen- und Pflanzenbeobachtungen verknüpfen – kurz: sie möchten besser verstehen, wann und warum Beschwerden auftreten.
PollenNet-Studie 2026
In der PollenNet-Studie 2025/26 werden Citizen-Science-Daten mit Wetter-Informationen, der Pollenbelastung der Luft und Allergiesymptomen systematisch miteinander in Verbindung gesetzt. Ziel ist es, Menschen mit Pollenallergien künftig mithilfe tagesaktueller, lokaler Beobachtungen aus Flora Incognita sowie geeigneter Wetterdaten und -vorhersagen präzise Hinweise zum erwarteten Pollenflug zu geben – und natürlich dazu, wie sie sich wirksam vor Symptomen schützen können.
Die Studie besteht aus sechs Teilprojekten und läuft von Dezember 2025 bis Herbst 2026. Sie beginnt mit der Blüte der Hasel und endet, wenn die Ambrosia ihren letzten Pollen abgegeben hat. Was es mit den einzelnen Teilprojekten auf sich hat, erläutern wir im Folgenden.
Pollenfallen
Im Zentrum der PollenNet-Studie stehen die Städte Leipzig, Jena und Ilmenau. Dort wurden insgesamt 40 Pollenfallen installiert, die die Pollenbelastung der Luft erfassen.
Ihr Sammlungsprozess ist passiv: Wettergeschützt, aber vom Wind durchströmt, sammeln sie auf klebrigen Objektträgern alles ein, was sich in diesem Luftstrom befindet: neben Pollen auch Staub und andere Umweltpartikel, etwa Reifenabrieb. Die Objektträger werden wöchentlich von geschulten Personen ausgetauscht und zur Auswertung an das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig geschickt, wo sie von einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe gesäubert und analysiert werden.
Außerdem gibt es auf dem Universitätsklinikum Leipzig eine große, sogenannte volumetrische Pollenfalle. Sie saugt aktiv definierte Luftmengen an und misst Pollen besonders exakt und gut vergleichbar. Diese Daten dienen als Referenz, um die Ergebnisse der passiven Fallen besser einordnen zu können.
Die Pollenmessungen laufen in allen drei Städten über den gesamten Studienzeitraum.
Ziel dieses Teilprojekts der PollenNet-Studie ist es, die kleinräumigen Unterschiede der Pollenbelastung sichtbar zu machen – zwischen Stadtteilen ebenso wie zwischen verschiedenen Höhenlagen. Denn für Allergiker zählt möglicherweise nicht die Stadt, sondern die Straße.
Öffentliches PollenNet Citizen-Science-Projekt mit Flora Incognita
An der PollenNet-Studie können alle Interessierten teilnehmen! Über die App Flora Incognita werden in den kommenden Monaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Blütenbilder von Hasel, Birke, Erle, Gräsern, Beifuß und Ambrosia gesammelt. Dafür genügt es, in der App das Projekt „PollenNet“ freizuschalten.
Besonders wertvoll sind Aufnahmen früher Blühstadien, also auch dann, wenn die Blüten noch geschlossen sind oder gerade beginnen sich zu öffnen. Nur so lässt sich erforschen, wie frühzeitig sich die spätere Pollenfreisetzung vorhersagen lässt. Als kleiner zusätzlicher Anreiz können Teilnehmende in der App Abzeichen für Beiträge in den jeweiligen Blühphasen sammeln!
Mehr Information zum Citizen-Science-Projekt sind hier verfügbar: PollenNet Citizen Science mit Flora Incognita
Ziel dieses Citizen-Science-Projekts ist es, möglichst viele Bilder der Zielarten in allen Blühstadien zu erfassen, von der Knospe bis zur verblühten Blüte. Diese Daten bilden die Grundlage, um künftig die Pollenbelastung der Luft mit dem Blühstadium der Pflanzen verknüpft vorhersagen zu können.
Systematische Erfassung von Blühstadien durch Citizen Scientists
Um den Zusammenhang zwischen gemessenem Pollenflug und dem Entwicklungsstadium allergener Pflanzen (Phänologie) zu verstehen, dokumentieren Citizen Scientists während des Studienzeitraums regelmäßig die Blüten ausgewählter Arten. Im Umkreis von 200 Metern um jede Pollenfalle werden hierzu systematisch Pflanzen beobachtet und fotografiert.
Parallel zum wöchentlichen Wechsel der Objektträger erfassen geschulte Teilnehmende zunächst die Blüten eines Haselstrauchs und einer Birke – vom geschlossenen Zustand im Winter bis zum Verblühen im Frühjahr. Im weiteren Verlauf der Studie verschiebt sich der Fokus auf Gräser, Beifuß und Ambrosia.
Der so entstehende, standardisierte Bilddatensatz bildet die Grundlage für ein Modell, das automatisch erkennen kann, in welchem Blühstadium sich eine allergene Pflanze befindet.
Symptomtagebuch führen
Ab Mitte Dezember sind Menschen eingeladen, die in Leipzig, Jena oder Ilmenau leben oder arbeiten und unter einer Pollenallergie leiden, ihre Allergiesymptome täglich in einem Online-Symptomtagebuch zu erfassen. Der Einstieg ist während des gesamten Studienzeitraums möglich. Ideal ist ein Beginn kurz bevor die Beschwerden typischerweise einsetzen. Sind die Symptome zuverlässig abgeklungen, kann die Dokumentation beendet werden. Die Studie läuft bis in den Herbst 2026.
Der tägliche Aufwand liegt bei ein bis zwei Minuten. Das Tagebuch kann bequem am Smartphone oder am Computer ausgefüllt werden. Erfasst werden unter anderem:
– ob Symptome aufgetreten sind
– wie stark diese waren
– in welchem Stadtteil man sich vorrangig aufgehalten hat
– wo die Symptome auftraten (z. B. Augen, Nase, obere Atemwege)
Vergessene Einträge können problemlos nachgetragen werden. Eine ärztlich bestätigte Diagnose ist für die Teilnahme nicht zwingend erforderlich – entscheidend sind die eigenen Beschwerden.
Das Online-Symptomtagebuch ist unter der folgenden Webseite erreichbar: PollenNet Symptomtagebuch
Alternativ steht eine Papierversion zur Verfügung (Anmeldung per E-Mail an pollennet@bgc-jena.mpg.de). Der Schutz der persönlichen Daten hat höchste Priorität; eine Zuordnung der Angaben zu einzelnen Benutzerkonten ist technisch ausgeschlossen.
Ziel dieses Teilprojekts ist es, kleinräumig und zeitlich dicht erfasste Angaben zu pollenbedingten Symptomen zu sammeln, um sie mit dem Blühstadium der Pflanzen und der gemessenen Pollenbelastung in Beziehung zu setzen. So soll sichtbar werden, wann welche Pflanzen welche Beschwerden auslösen – und wie stark.
Wetterinformationen
Um pollenbedingte Allergiesymptome künftig räumlich genauer vorhersagen zu können, spielen Wetter- und Mikroklimadaten eine zentrale Rolle. Diese werden in der PollenNet-Studie nicht selbst erhoben, sondern aus den umfangreichen Datensätzen des Deutschen Wetterdienstes bezogen. Dazu zählen unter anderem Temperatur, Windgeschwindigkeit und Niederschlag. Welche dieser Faktoren für die Vorhersage besonders relevant sind, ist Teil der wissenschaftlichen Fragestellung.
So können Sie mitmachen:
Wenn Sie Teil der PollenNet-Studie 2026 werden möchten, laden wir Sie herzlich ein, entweder ein tägliches Symptomtagebuch zu führen oder sich am Citizen-Science-Projekt in der Flora-Incognita-App zu beteiligen.
Bei Fragen zur Studie erreichen Sie uns per E-Mail unter pollennet@bgc-jena.mpg.de
Das PollenNet-Projekt ist ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt der TU Ilmenau, des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie Jena, des Umweltforschungszentrums Leipzig sowie des Universitätsklinikums Leipzig. Es wird von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen der Förderinitiative „Durchbrüche“ gefördert.








