Invasive Pflanzen in der EU Teil 3: Gräser

Unionsliste invasiver Arten

In der EU gibt es rund 12.000 gebietsfremde Arten. Ein kleiner Teil von ihnen erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie heimische Arten in ihrem Bestand gefährden können.

Die EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten soll verhindern, dass sich diese Arten ausbreiten, beziehungsweise ein schnelles Reagieren ermöglichen, wenn sich erste Anzeichen einer Ausbreitung zeigen. Um welche Arten genau es sich handelt, steht in der „Unionsliste“. Von den insgesamt 88 aufgeführten invasiven Arten sind 40 Gefäßpflanzen. In einer Artikel-Serie, die zunächst in der Flora-Incognita-App veröffentlicht wurde, stellen wir diese vor – beginnend mit Sträuchern und Bäumen, gefolgt von Wasserpflanzen. In Teil drei geht es um invasive Gräser.

Andropogon virginicus, die Blaustängelige Besensegge

Samen des amerikanischen Steppengrases Andropogon virginicus wurden wahrscheinlich über gartenbauliche Saatgutmischungen, verschmutzte Maschinen, Kleidung und Heuimporte nach Europa gebracht, und auf einem Truppenübungsplatz in Frankreich führte vermutlich kontaminierte NATO-Munition zu seiner Einschleppung. Die Pflanze bildet ausdauernde Horste, die bis über 2 Meter groß werden können und große Mengen abgestorbenes Material enthalten, welches als brandfördernd gilt. Schnell entwickeln sie einen dichten Bewuchs, der vorhandenen Arten den Platz nimmt, sich zu entwickeln. Außerdem werden bei ihrer Zersetzung bestimmte chemische Substanzen freigesetzt, die die Fruchtbarkeit des umgebenden Bodens senken (hohes allelopathisches Potenzial).

Cortaderia jubata, das Purpur-Pampasgras

Pampasgräser sind beliebte Zierpflanzen, aber nicht alle Vertreter dieser Gattung haben invasive Eigenschaften. Zudem gestaltet sich die konkrete Artbestimmung als schwierig – manche Taxonomen gehen davon aus, dass Cortaderia jubata nur eine Unterart der ebenfalls zur Verwilderung neigenden Art Cortaderia selloana ist. Sind unreife Rispen vorhanden, kann man C. jubata von C. selloana recht gut unterscheiden, denn bei C. jubata sind diese rosa bis tiefviolett – erst im reifen Zustand werden sie cremeweiß (C. selloana – im unreifen Zustand hellviolett bis silberweiß). Zur Keimung brauchen die Samen offene, sonnige und feuchte Bedingungen, was sie insbesondere in Küstenregionen und Dünenlandschaften problematisch macht. Auch wenn es derzeit nur wenige Orte in Europa gibt, wo C. jubata beständig ist, gehen Modellrechnungen davon aus, dass im Zuge des Klimawandels für große Teile Süd- und Westeuropas ein erhebliches Invasionsrisiko besteht.

Ehrharta calycina, das Steppengras

In Portugal und Spanien ist das aus Afrika stammende Purpur-Veldtgras Ehrharta calycina bereits etabliert. Da sich seine Samen durch den Wind verbreiten und an offenen Standorten leicht keimen, besteht auch für weitere Teile Europas die Gefahr, dass sich diese Art erfolgreich ausbreitet. Einmal angekommen, verwandelt es vielfältige Habitate wie Dünen und Gebüsche in Graslandschaften, von denen eine große Brandgefahr ausgeht. Nach einem Feuer treibt es schnell wieder aus und unterdrückt somit erfolgreich andere Arten. Ehrharta calycina hat zudem allelopathische Eigenschaften: Ihr Vorhandensein führt zu einer Verschiebung des Nährstoffkreislaufs, indem sich Phosphor aus der Biomasse im Boden anreichert.

Microstegium vimineum, das Japanische Stelzengras

Als Verbreitungswege von Microstegium vimineum wurden unter anderem bereits dokumentiert: Die Haftung der Samen oder der Frucht an Kleidung und Schuhen von Reisenden, verunreinigtes Vogelfutter, Ausrüstungen und Fahrzeuge, die in der Land- und Forstwirtschaft, im Baugewerbe oder zur Müllentsorgung verwendet werden. Bislang wurde die Art in der Türkei, Georgien und im Nordkaukasus nachgewiesen, an Straßen und Bahnanlagen, Gräben und Forststraßen, in Auwäldern, Feuchtwiesen, Wirtschaftswäldern, an Wald- und Flussrändern. Ihre zahlreichen Kriechtriebe verdrängen schwächere Arten und beschatten den Boden. In Folge dessen kommt es zu vielfältigen Veränderungen der Bodeneigenschaften, und der Zusammensetzung der ansässigen Pflanzenfresser- und Gliederfüßergemeinschaften.

Cenchrus setaceus, das Afrikanische Lampenputzergras

Einst als Zierpflanze geschätzt, verbreitet sich Cenchrus setaceus nun in Spanien (Balearische und Kanarische Inseln), Frankreich, Italien (Kalabrien, Sardinien, Sizilien), an der portugiesischen Algarve sowie auf Zypern und Malta aus. Der Klimawandel macht weitere Regionen Europas für eine Besiedlung attraktiv, vor allem trockene und steinige Gras- und Küstenlandschaften. Da die Art dem Boden das verbliebene Wasser entzieht und den Nährstoffkreislauf verändert, wirkt sich ihr Vorhandensein negativ auf die lokale Biodiversität aus.

Ausbreitung dokumentieren

Wenn Du Pflanzen mit Flora incognita bestimmst und dabei den Standort freigibst, wird Dein Fund Teil einer wissenschaftlichen Datensammlung, die unseren Wissenschaftler:innen ermöglicht, die Verbreitung von Arten in Zeit und Raum zu erforschen. Unsere Forschungsarbeiten kannst Du auf unserer Webseite nachlesen. Aber auch naturschutzfachliche Management-Maßnahmen lassen sich mit diesen Daten schnell und effektiv planen und durchführen. Danke für Deine Hilfe!

Achtung! Die auf der Unionsliste geführten Arten dürfen nicht vorsätzlich in das Gebiet der EU verbracht werden, gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht und in die Umwelt freigesetzt werden!

Titelbild: Steppengras (Ehrharta calycina plant6), Harry Rose, Australia, CC BY  2.0, via flickr.