Invasive Pflanzen in der EU Teil 2: Wasserpflanzen

Unionsliste invasiver Arten

In der EU gibt es rund 12.000 gebietsfremde Arten. Ein kleiner Teil von ihnen erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie heimische Arten in ihrem Bestand gefährden können.

Die EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten soll verhindern, dass sich diese Arten ausbreiten, beziehungsweise ein schnelles Reagieren ermöglichen, wenn sich erste Anzeichen einer Ausbreitung zeigen. Um welche Arten genau es sich handelt, steht in der „Unionsliste“. Von den insgesamt 88 aufgeführten invasiven Arten sind 40 Gefäßpflanzen. In einer Artikel-Serie, die zunächst in der Flora-Incognita-App veröffentlicht wurde, stellen wir diese vor – beginnend mit Sträuchern und Bäumen, nun gefolgt von den Wasserpflanzen.

Verbreitung und Schaden

Der Hauptgrund für die Verbreitung von invasiven Wasserpflanzen ist das unsachgemäße Entsorgen von Aquarien- und (Gartenteich-) Zierpflanzen in der Natur. Trotz des bestehenden Handelsverbots sind manche der gelisteten Arten in Geschäften oder über nachbarschaftliche Tauschaktionen erhältlich. In einem geeigneten Lebensraum angekommen, verbreiten sie sich rasch, zum Beispiel durch Ausläufer und Stängelstücke, die durch Vögel oder Boote abgetrennt werden. Alle hier vorgestellten Arten können massive Bestände auf und unter Wasser bilden, in dessen Folge es zu schweren Störungen der Nahrungskette und Nährstoffdynamik im Gewässer kommt. In zahlreichen Ländern fallen für Management-Maßnahmen zur Gewässerreinigung bereits viele Millionen an Kosten an.

Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes)

Zu den 100 gefährlichsten Neobiota weltweit zählt die Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes). Sie stammt aus den Tropen Südamerikas und wurde als Teichbepflanzung weltweit in den Handel gebracht. Ohne Fressfeinde vermehrt sie sich massenhaft, in nur 2 Wochen verdoppelt sie ihre Fläche. Unter dem dicken Pflanzenteppich, der Schifffahrt und Fischerei behindert, sterben andere Wasserpflanzen. Das führt zu einer chemischen Veränderung des Wassers, die auch Fische verenden lässt. Zudem reduziert der Bewuchs die Fließgeschwindigkeit des Wassers, was zu einer Verschlammung führt.

Invasive Pflanzen am Wasser und in flachen Zonen

Sowohl das Großblütige Heusenkraut (Ludwigia grandiflora), als auch sein Verwandter, das Flutende Heusenkraut (Ludwigia peploides) bilden in kürzester Zeit dichte Teppiche aus, und schon Stücke von 1 cm Länge reichen aus, um einen neuen Bestand aufzubauen. Anfällig für Invasion durch das Alligatorkraut (Alternanthera philoxeroides) sind vor allem natürliche und naturnahe Wälder, Uferbereiche und Feuchtgebiete. Mit seinen bis zu 10 Meter langen Stolonen bildet er dichte, verwobene Teppiche aus. Zur Blütezeit ragen diese über das Wasser hinaus – allerdings wurden neophytische Bestände noch nicht blühend beobachtet. Hier erfolgt die Vermehrung vegetativ.

(Meist) untergetaucht lebende Arten in langsam fließenden Gewässern

Die Schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttallii) gedeiht bis in 3 Metern Tiefe und bildet dichte Bestände aus, die andere, sensible Arten wie die gefährdete Krebsschere (Stratiotes aloides) verdrängen. Die Wechselblatt-Wasserpest (Lagarosiphon major) bildet sogar bis zu 5 Meter lange Sprosse aus. Zwei weitere Unterwasserpflanzen sind die Karolina-Haarnixe (Cabomba caroliniana), die trotz ihrer subtropischen Herkunft Winterfröste überdauern kann und das Verschiedenblättrige Tausendblatt (Myriophyllum heterophyllum), welches in bis zu 10 Metern Tiefe wurzeln und dennoch Wasseroberflächen komplett bedecken kann.

(Meist) auf der Oberfläche wachsende Arten in langsam fließenden Gewässern

Der Große Wassernabel (Hydrocotyle ranunculoides) breitet sich entlang von Fließgewässern aus, wo seine bis zu 6 cm breiten, rundlichen Blätter über dem Wasser geschlossene Decken bilden. Die Bekämpfung der Art kostet in den Niederlanden rund 10.000 Euro pro Kilometer Kanal. Der Wassersalat (Pistia stratiotes) ist als Muschelblume trotz Verbots häufig im Handel erhältlich. Seine Samen können Trockenheit und Frost überdauern. Große Bestände beeinträchtigen die Wasserwirtschaft und reduzieren die Lichtverfügbarkeit im Wasser.

Klimawandel treibt Verbreitung voran

In manchen Thermalgewässern Ungarns und Italiens gilt der Falsche Wasserfreund (Gymnocoronis spilanthoides) bereits als etabliert und verändert mit seinen langen Sprossen die Gewässerstrukturen. Aufgrund des Klimawandels gibt es jedoch in weiten Teilen Europas zahlreiche Flüsse, Kanäle, Seen und Teiche, die potentiell als zukünftiger Lebensraum in Frage kommen würden. Das gleiche gilt für den frei schwimmenden Wasserfarn (Salvinia molesta), der unter günstigen Bedingungen langsame Fließgewässer mit bis zu 1 m dicken Matten bedecken kann. Aber auch das Brasilianische Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) profitiert von höheren Wassertemperaturen.

Achtung! Die auf der Unionsliste geführten Arten dürfen nicht vorsätzlich in das Gebiet der EU verbracht werden, gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht und in die Umwelt freigesetzt werden!

Titelbild: Wasserhyazinthe, Dinesh Valke from Thane, India, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Invasive Pflanzen in der EU Teil 1: Sträucher und Bäume

Unionsliste invasiver Arten

In der EU gibt es rund 12.000 gebietsfremde Arten. Ein kleiner Teil von ihnen erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie heimische Arten in ihrem Bestand gefährden können.

Die EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten soll verhindern, dass sich diese Arten ausbreiten, beziehungsweise ein schnelles Reagieren ermöglichen, wenn sich erste Anzeichen einer Ausbreitung zeigen. Um welche Arten genau es sich handelt, steht in der „Unionsliste“. Von den insgesamt 88 aufgeführten invasiven Arten sind 40 Gefäßpflanzen. In einer Artikel-Serie, die zunächst in der Flora-Incognita-App veröffentlicht wurde, stellen wir diese vor – beginnend mit Sträuchern und Bäumen.

Sträucher und kleine Bäume

Die 2-6 Meter hohe Weidenblatt-Akazie (Acacia saligna) stammt aus Australien und vermehrt sich rasch, sodass sich Dominanzbestände ausbilden können. Da sie zudem Stickstoff im Boden anreichert, werden Arten verdrängt, die auf nährstoffarme Böden angewiesen sind. Der Kreuzstrauch (Baccharis halimifolia) toleriert hohe Salzgehalte im Boden, verdrängt Röhricht und Binsen und verändert damit sensible Lebensräume wie Salzmarschen. Das Nadelblättrige Nadelkissen (Hakea sericea) besiedelt in dichten Beständen gestörte Flächen, z.B. Straßenränder, Waldränder, trockenes Grünland und Kiefernwälder. Die Gewöhnliche Seidenpflanze (Asclepias syriaca) wurde einst in Europa als Bienenweide eingeführt und verdrängt heute durch ihre rasche Ausbreitung und großen Populationen heimische Pflanzenarten auf Trockenrasenstandorten.

Größere Bäume

Noch gibt es in Europa außer auf Gran Canaria keine stabilen Bestände des Mesquitebaums (Prosopis juliflora). Er gehört zu den 100 invasivsten verholzenden Gewächsen weltweit, weswegen er vorsorglich auf die Liste aufgenommen wurde. Ebenfalls unter Beobachtung steht der Chinesische Talgbaum (Triadica sebifera). Sein potenzielles Ausbreitungsgebiet sind der Mediterranraum, der Südwesten der Iberischen Halbinsel und die südlichen und östlichen Teile der Schwarzmeerküste. Bereits in weiten Teilen Europas ist der Götterbaum (Ailanthus altissima) verbreitet, und der Klimawandel begünstigt seine Ausbreitung weiter. Ein einzelnes Individuum kann bis zu 325.000 Samen pro Jahr produzieren. Darüber hinaus erfolgt auch vegetative Vermehrung durch Ausläufer. Durch seinen Stoffwechsel hemmt er das Wachstum der Pflanzen in seiner Umgebung (Allelopathie).

Achtung! Die auf der Unionsliste geführten Arten dürfen nicht vorsätzlich in das Gebiet der EU verbracht werden, gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht und in die Umwelt freigesetzt werden!

Weitere Informationen:

Ausführliche Steckbriefe zu den Arten der Unions-Liste hat das Bundesamt für Naturschutz in einem Kompendium veröffentlicht, welches frei heruntergeladen werden kann: Die invasiven gebietsfremden Arten der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 – Dritte Fortschreibung 2022 –

Bildnachweis Titelbild:
Ailanthus altissima, Fruchtstand. Von H. Zell – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10860477

Fichte ist nicht gleich Fichte: Der spannende Fall der „Hochlagentypen“ in unseren Mittelgebirgen

Botanischer Steckbrief der Fichte

Die Gemeine Fichte (Picea abies), aufgrund ihrer Rindenfärbung manchmal auch Rotfichte genannt, ist eine der dominierenden Baumarten in den Mittel- und Hochlagen unserer Gebirge und eine wichtige Grundlage der forstlichen Wertschöpfung. Auch wenn diese Baumart in tieferen Lagen durch die Trockenheit der letzten Jahre stark zurückgegangen ist, wird sie im niederschlagsreichen Bergland weiterhin eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielen. Die Fichte ist eingeschlechtig und windbestäubt und weist innerhalb ihres Verbreitungsgebietes in Europa und Asien eine sehr hohe morphologische Variabilität auf. Die im deutschen Bergland vorkommende heimische (autochthone) Fichte P. abies subsp. oder var. alpestris unterscheidet sich durch ihre schmalere und zylindrischere Krone deutlich von den Fichten tieferer Lagen.

Aktueller Blick vom Finsterberger Köpfchen (875 m ü NN) auf den noch von Fichten dominierten Nordrand des Thüringer Waldes. Foto: Dr. Kevin Karbstein (24.08.2024)

Aktueller Blick vom Finsterberger Köpfchen (875 m ü NN) auf den noch von Fichten dominierten Nordrand des Thüringer Waldes. Foto: Dr. Kevin Karbstein (24.08.2024)

Schadereignisse und Waldumbau

Die „Hochlagenfichten“ wurden vor allem im 19. und 20. Jahrhundert durch Rodung, Sturm und Borkenkäferbefall stark reduziert, wie das Bild zeigt. Die Pflanzung von standortfremden „Tieflagenfichten“ nach diesen Ereignissen verstärkte die Verdrängung der Hochlagentypen durch genetische Vermischung der nachfolgenden Generationen. Viele Bestände sind bereits erloschen oder vom Aussterben bedroht, wie beispielsweise die über >250 Jahre alten „Oberhofer Schloßbergfichten“ in Thüringen, die im Titelbild dieses Artikels  zu sehen sind. In den letzten Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, dass nur durch einen naturnahen Waldumbau im Gebirge den Nachteilen nicht angepasster Fichtenbestände durch Schneebruch, Sturmschäden und Schädlinge entgegengewirkt werden kann. Diese Schäden sind vermutlich auf den instabileren Wuchs und die wind- und nebelfrostempfindliche, ausladende Krone der Tieflagenfichten zurückzuführen.

Kahlflächen in den Hochlagen des Thüringer Waldes nach Räumung des Schadholzes (1949). Aus: Schreiber et al. (1996)

Kahlflächen in den Hochlagen des Thüringer Waldes nach Räumung des Schadholzes (1949). Aus: Schreiber et al. (1996)

Forschung

Bisher erschwerte das Fehlen einer Übersicht leicht zugänglicher Merkmale (z. B. Phänologie, Kronenarchitektur oder Zapfen) die Ansprache und damit die Förderung bzw. Entnahme beider Fichtentypen. In einer kürzlich erschienenen Studie von Dr. Kevin Karbstein und Mitarbeiter:innen hauptsächlich von ThüringenForst wurden die Ergebnisse aus über 70 Jahren Hochlagenfichtenforschung zusammengefasst, bewertet und hinsichtlich ihrer Eignung für die forstliche Praxis und den zukünftigen Waldumbau diskutiert.

Praxisrelevante Merkmale zur Unterscheidung von Hoch- und Tieflagenfichtenbeständen am Beispiel der Oberhofer Schloßbergfichten. Foto: Karina Kahlert (14.03.2016), bearbeitet von Dr. Kevin Karbstein und Anke Bebber mit Informationen aus Apel et al. (1965)

Praxisrelevante Merkmale zur Unterscheidung von Hoch- und Tieflagenfichtenbeständen am Beispiel der Oberhofer Schloßbergfichten. Foto: Karina Kahlert (14.03.2016), bearbeitet von Dr. Kevin Karbstein und Anke Bebber mit Informationen aus Apel et al. (1965)

Wuchsform „Hochlagenfichte“

Innerhalb eines jungen Bestandes (<30-40 Jahre) zeichnen sich Hochlagenfichten durch einen früheren und schnelleren Austrieb, einen gedrungenen, kugeligen Wuchs mit teilweise starker Verzweigung, und insgesamt einer geringeren Gesamthöhe aus. Die Höhenunterschiede zwischen wenige Jahre alten Hoch- und Tieflagenfichten können erheblich sein (ca. 20 vs. 35-40cm). Der bei jungen Hochlagenfichten oft fehlende zweite Jahrestrieb (August- oder Johannistrieb genannt) wurde mehrfach erfolgreich als Höhenlagentest eingesetzt. Diese Anpassungen sind vermutlich die Ursache für die geringere Wuchsleistung von Hoch- im Vergleich zu Tieflagenfichten in unseren Mittelgebirgen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal beider Wuchsformen ist die Anzahl der Bänder der Spaltöffnungen an der Unterseite der Nadeln, wie hier im Bild gezeigt.

Unterschiede in den Spaltöffnungen (Stomata) des Nadelblattes. Die Hochlagentypen haben durchschnittlicher weniger Bänder und Spaltöffnungen. Foto Stomata (29/30.10.2015) und Fichte (27.10.2015) im Hintergrund: Dr. Kevin Karbstein.

Unterschiede in den Spaltöffnungen (Stomata) des Nadelblattes. Die Hochlagentypen haben durchschnittlicher weniger Bänder und Spaltöffnungen. Foto Stomata (29/30.10.2015) und Fichte (27.10.2015) im Hintergrund: Dr. Kevin Karbstein.

Krone und Zapfen
Hochlagenfichten zeigen außerdem mit zunehmendem Baumalter eine bürsten- bis plattenartige Kronenverzweigung mit schmaler, walzenförmiger Krone, kürzeren Seitenästen, geringerem Kronendurchmesser, dichter sitzenden Nadeln und verkehrt eiförmigen Zapfenschuppenkörper (obovata-Typ) mit breit abgerundeter Spitze. Die in der forstlichen Praxis häufig angewandte Kronenverzweigung ist erst nach ca. 75 Jahren Entwicklungszeit sicher ansprechbar. Die Kronenmerkmale der Hochlagenfichten bedingen vermutlich eine höhere Bruchfestigkeit gegenüber Sturm und Nebelfrost.

Fichte im Hintergrund: ezp via Getty Images; Foto Zapfenschuppen: Greger, O. (1992): Erfassung von Relikten des autochthonen Fichtenvorkommens im Hochharz. Aus dem Walde 44: S. 1–319, bearbeitet von Anke Bebber

Fichte im Hintergrund: ezp via Getty Images; Foto Zapfenschuppen: Greger, O. (1992): Erfassung von Relikten des autochthonen Fichtenvorkommens im Hochharz. Aus dem Walde 44: S. 1–319, bearbeitet von Anke Bebber

Fichten-Genetik und Waldumbau

Insgesamt ist bei der Unterscheidung von Hoch- und Tieflagenfichten zu beachten, dass die morphologischen Unterschiede wahrscheinlich nur durch sehr wenige DNA-Unterschiede und vor allem durch umweltabhängige Veränderungen außerhalb der DNA (epigenetisch) erzeugt werden. Die erwähnten morphologischen Unterschiede treten aufgrund häufigen genetischen Austausches oft nur graduell auf, was deren Ansprache erschwert. Die Studien deuten außerdem darauf hin, dass je nach Umweltbedingungen immer wieder eine bestimmte Variante aus dem regionalen Genpool selektiert wurde. Die Schadereignisse des 20. Jahrhunderts mit der Einbringung gebietsfremder Tieflagenfichten in Gebirgslagen haben dieses Gleichgewicht gestört. Durch die Wiedereinbringung angepasster Fichtengenotypen können die Mischwälder der Berglagen wieder stabilisiert und für die Zukunft gestärkt werden.

Balkendiagramme der Genotypenfrequenz (z.B. A/A) an zwei Stellen des Gigantea Gens (a GI6- 1089, b GI6-1207) für den (von links nach rechts) plattigen, intermediären (bürstigen) und kammartigen Fichtentyp. N repräsentiert die Stichprobenanzahl. Foto: Caré et al. (2020)

Balkendiagramme der Genotypenfrequenz (z.B. A/A) an zwei Stellen des Gigantea Gens (a GI6- 1089, b GI6-1207) für den (von links nach rechts) plattigen, intermediären (bürstigen) und kammartigen Fichtentyp. N repräsentiert die Stichprobenanzahl. Foto: Caré et al. (2020)

Quellen:

Karbstein et al. (2021). “High-altitude spruces” in Central Europe – a summarizing contribution to phenotypic and (epi)genetic differentiation within Picea abies (L.) H.KARST.

Schreiber, A., Elmer, W. und Erlbeck, G. (1999): Die Orkankatastrophe und Borkenkäferkalamität im Thüringer Wald 1946 bis 1954 – 50 Jahre danach. Mitteilungen des Thüringer Forstvereins e.V., Sonderdruck.

Apel, J. und Hoffmann, J. (1965): Über Vorkommen und Zusammensetzung autochthoner Höhenfichtenbestände und die Bedeutung der Fichtentypen für die Bewirtschaftung der höheren Lagen des Thüringer Waldes. Die sozial. Forstwirtschaft 15: S. 242–246.

Caré, O., Gailing, O., Müller, M., Krutovsky, K. V. und Leinemann, L. (2020): Crown morphology in Norway spruce (Picea abies [KARST.] L.) as adaptation to mountainous environments is associated with single nucleotide polymorphisms (SNPs) in genes regulating seasonal growth rhythm.

Gesucht: Studentische Hilfskraft zur Unterstützung der Forschungsarbeit und Wissenschaftskommunikation

Die Flora Incognita-App ermöglicht derzeit die automatische Bestimmung von mehr als 30.000 Gefäßpflanzenarten. Der Bestimmungsprozess ist intuitiv: Nimm ein Bild der Pflanze mit der Kamera Deines Smartphones oder Tablets auf. Die unbekannte Pflanze wird anschließend in Sekundenschnelle automatisch bestimmt. Zusätzlich zum Namen und Bild der Pflanzenart erhältst Du anhand eines Steckbriefs weitere Informationen wie Merkmale, Verbreitung oder den lokalen Schutzstatus. Mit mehr als 10 Millionen Downloads ist sie zu einer der beliebtesten Pflanzenbestimmungsapps geworden und ist weltweit im Einsatz.

Wir suchen

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  • Recherchearbeiten zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit der Arbeitsgruppe
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Dein Profil:

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Wir freuen uns auf Deine Bewerbung! Bitte schicke ein kurzes Motivationsschreiben, deinen Lebenslauf und eine Arbeitsprobe* an floraincognita@bgc-jena.mpg.de

*Arbeitsprobe: Gestalte (visuell und Text) entweder einen Social-Media-Post zum Thema „Flora Incognita: Tipps und Tricks“ oder „Krautschau“ ODER schreibe eine kurze Story (Überschrift+3×100 Wörter) zu einem beliebigen Naturraum (Naturschutzgebiet, Nationalpark, Biosphärenreservat o.ä.) mit Fokus auf die dortige Pflanzenvielfalt.

7 Dinge, die Du noch nicht über Flora Incognita wusstest!

Am 22. November 2024 findet in Jena die Lange Nacht der Wissenschaften statt. Über diese Veranstaltung kannst Du Dich auf der Webseite der LNDW informieren: Lange Nacht der Wissenschaften (LNDW) Jena

Wir möchten Dich zu einem ganz besonderen Vortrag einladen, der 19:00 im Hörsaal des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie stattfinden wird:

7 Dinge, die Du noch nicht über Flora Incognita wusstest!

Warum musste Pflanzenbestimmung neu gedacht werden? Wie entwickelt und betreibt man eigentlich eine App? Sind die Bestimmungen überhaupt verlässlich und was sagen uns die Daten über den Klimawandel oder den pH-Wert des Bodens? Diese und andere Fragen möchte das Team um Projektleiterin Dr. Jana Wäldchen in einem Vortrag beantworten. Die Wissenschaftler*innen geben hierbei Einblicke „hinter die Kulissen“ der beliebten Pflanzenbestimmungsapp und stehen im Anschluss von 20-21 Uhr für persönliche Gespräche bereit.

Bis dahin!

Kennst Du diesen Klee?

Genau hingeschaut!
Im Sommer findest du ihn in auf Wiesen, am Wegrand oder Acker, in rot, gelb oder weiß – den „Klee“. Aber: War es das schon? Ist die Vielfalt der Klee-Arten nicht viel größer? Ja! In dieser Story möchten wir Dir sechs verschiedene Vertreter der Pflanzengattung Trifolium vorstellen, die in weiten Teilen Europas verbreitet sind und Dich neugierig machen, auf Deinem nächsten Spaziergang genauer hinzusehen, wenn Du einem „Klee“ begegnest. Diese Story ist das Ergebnis eines Schulpraktikums, und wir möchten uns bei Maike recht herzlich für ihre Recherche und Schreibarbeit bedanken.

Roter Wiesenklee (Trifolium pratense)
Den Roten Wiesenklee oder Rotklee Trifolium pratense sieht man überall: in Gärten, Wiesen, Wäldern sowie an Weges- und Feldrändern. Durch seine ansprechenden roten bis lilafarbenen Blüten, die voll von Nektar sind, wird er von vielen Schmetterlingen wie dem Distelfalter als Nahrungsquelle, aber auch als Raupenpflanze aufgesucht. In der Blütezeit von April bis Oktober bildet er einen vielblütigen kugelförmigen Blütenstand aus, der meist von den obersten Stängelblättern umhüllt ist. Diese Kleeart enthält sehr viel Eiweiß, weshalb sie eine beliebte Futterpflanze ist. Aber auch für Menschen ist der Rote Wiesenklee essbar, und hat sich auch als Heilpflanze einen Namen gemacht. Seit dem 11. Jahrhundert wird er innerlich und äußerlich bei einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt.

Weißklee (Trifolium repens)
Der Weißklee Trifolium repens gehört, wie alle anderen hier vorgestellten Arten auch, zur Familie der Hülsenfrüchtler und zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler. Seine Blüten und Blätter sind ähnlich denen des Rotklees, nur haben die Blüten eine (namensgebende) weiße Farbe. Jede der 40-80 Einzelblüten im Blütenstand bildet 3 bis 4 Samen aus, welche eiförmig bis rundlich und orangegelb sind. Die vierblättrigen Kleeblätter, die als Glücksbringer gelten, findet man bei Wildpflanzen eher selten. Allerdings gibt es mit dem „Vierblättrigen Schokoklee“ (Trifolium repens ‘Quadrifolium Purpureum’) für Garten und Balkonkasten eine gezüchtete Kultursorte, die anspruchslos zu halten und überwiegend vierblättrig ist.

Faden-Klee (Trifolium dubium)
Auch bekannt als „Kleiner Klee“ ist er in ganz Europa verbreitet. Er kommt auf Wiesen, Weiden oder im Gartenrasen vor. Sein deutscher Name bezieht sich auf die lange (fadenförmige) Achse, auf der der Blütenstand aufsitzt. Dieser besitzt die typische Form der Schmetterlingsblütler, ist gelb, verfärbt sich aber während der Fruchtreife bräunlich. Der Faden-Klee Trifolium dubium gilt als Futterpflanze und wird gerne von Insekten wie Hummeln zur Bestäubung besucht. Wer nur flüchtig hinschaut, könnte ihn mit dem Hopfen-Klee Medicago lupulina verwechseln – hier hilft eine Bestimmung mit Flora Incognita oder das Untersuchen des Blütenkelchs. Der des Faden-Klees ist kahl, der den Hopfen-Klees behaart.

Feld-Klee (Trifolium campestre)
Dieser Schmetterlingsblütler besitzt kleine, gelbliche, muschelartig gebogene Blüten. Sie werden als „Schmetterlingsblumen mit Klappmechanismus“ bezeichnet, da sie Bereiche haben, die ultraviolettes Licht absorbieren und solche, die es reflektieren. Dadurch wirken sie auf Bestäuber wie Honigbienen, Fliegen oder Schmetterlinge zweifarbig. Der Feld-Klee Trifolium campestre gedeiht auf sandigen, lehmigen oder steinigen Böden, sowie auf mageren Wiesen, wo er als Futterpflanze gilt. Stickstoffreichen Untergrund meidet er, so ist er eine Zeigerpflanze für stickstoffarmen Boden.

Berg-Klee (Trifolium montanum)
Der Berg-Klee Trifolium montanum kommt in ganz Europa vor, aber kann auch in große Höhen aufsteigen – was ihm seinen Namen gab. Man findet ihn beispielsweise auf der Jöchelspitze in Tirol auf 2226 m Höhe, und im Wallis in der Schweiz wurde er auf 2560 m beobachtet. Durch seine weiße bis gelblich-weiße Blütenfarbe und die typische runde Form der Blütenstände ist er leicht mit dem häufiger vorkommenden Weiß-Klee zu verwechseln. Doch der Berg-Klee wächst aufrechter und hat einen behaarten Stängel, sowie längere, lanzettliche Blätter. Auch die Standortansprüche sind unterschiedlich. Weiß-Klee ist ein Generalist, aber Berg-Klee wächst auf Halbtrocken- und Trockenrasen, an warmen Standorten mit tonig-humosen Böden.

Inkarnat-Klee (Trifolium incarnatum)
Der Inkarnat-Klee Trifolium incarnatum wird auch Italienischer Klee genannt, da sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet den Mittelmeerraum umfasst, und damit auch Italien. Heute findet man ihn aber auch in Deutschland, überwiegend in Gegenden ohne Frühjahrsfröste, da er diese nicht gut verträgt; und als beliebte Futterpflanze wird er in weiten Teilen Europas kultiviert. Die Blätter des Inkarnat-Klees sind für eine Kleeart sehr groß, aber sein wohl auffälligstes Merkmal ist seine Blütenfarbe. Die tief purpurroten Blütenköpfe, die bei dieser Art ährig langgestreckt sind, zeigen sich von Mai bis August.

Dieser Artikel wurde 2024 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der Pflanzenbestimmungs-App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

Pflanzengesellschaft des Jahres 2024: Sumpfdotterblumen-Wiesen (Calthion palustris)

Die Pflanzengesellschaft des Jahres

Feuchte Wiesen auf nährstoffreichen Böden – noch vor wenigen Jahrzehnten waren artenreiche und bunt blühende Sumpfdotterblumen-Wiesen landschaftsprägend zu finden. Heute fallen diese großflächigen Feuchtgrünländer vor allem der Entwässerung zum Opfer, oder sie werden zu Intensivgrünland und Äckern umgewandelt. Calthion-Gesellschaften beinhalten zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten, aber sind auch Lebensraum für unzählige Insekten, Spinnen und Vögel. Um ihren Schutz und Maßnahmen zur Wiederherstellung zu unterstützen, sind diese Wiesengesellschaften von der „Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft“ im Jahr 2024 zur Pflanzengesellschaft des Jahres gewählt worden. Du erkennst sie an den folgenden Kennarten:

Sumpfdotterblume (Caltha palustris)

Die Sumpfdotterblume Caltha palustris gehört zu den Hahnenfußgewächsen und ist in Europa, Asien und Nordamerika weit verbreitet. Je nach Standort kann sie 15-60 cm groß werden und zeigt ab dem März ihre leuchtend gelben, nektar- und pollenreichen Blüten. Die Blühdauer kann je nach Standort bis in den Juni hinein dauern, und gelegentlich kommt es im ausgehenden Sommer zu einer Zweitblüte. Typische Standorte sind Quellen, Bäche und wassergefüllte Gräben, aber wenn Du die *Calthion*-Gesellschaften suchst, halte eher nach feuchten Wiesen Ausschau. Dort findest Du dann möglicherweise auch die anderen Vertreter der Gesellschaft.

Sumpf-Pippau (Crepis paludosa)

Dieser gelbblühende Korbblütler wird meist etwa 30-80 cm groß, kann aber in Ausnahmefällen auch über einen Meter erreichen. Das Finden eines Sumpf-Pippau Crepis paludosa allein zeigt noch keine Calthion-Gesellschaft an, denn die Art ist in Deutschland weit verbreitet und nur in Trockengebieten selten. Bienen, Fliegen und Falter bestäuben seine Blüten, die auf einem dünnen Stängel über großen, buchtig gezähnten Laubblättern sitzen. Findest Du neben den beiden eben vorgestellten Arten auch noch die folgenden, hast Du mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den richtigen Standort gefunden.

Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis scorpioides)

Von Mai bis September kann man die 15-80 cm großen, krautigen Sumpf-Vergissmeinnichte Myosotis scorpioides mit ihren behaarten Laubblättern himmelblau blühen sehen. Sie stehen entweder aufrecht oder lehnen sich Richtung Boden, wo sie oberirdische Ausläufer bilden können. Der gelbe Ring (ein sogenannter Saftmalring) im Blüteninneren soll Bestäuber anlocken. Am Grund der Blüte wird Nektar für Insekten angeboten, die einen langen Rüssel haben, wie viele Falter, Bienen und manche Fliegen. Diese Fluginsekten sind auch häufig zu finden am:

Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis)

Der Schlangen-Knöterich Bistorta officinalis kann zwischen 20 und 100 cm groß werden. Seine rosafarbenen Blütenstände (Scheinähren) sind zwischen Mai und Juni weithin sichtbar und locken eine Vielzahl von Bestäubern an. Für die Raupen des Blauschillernden Feuerfalters und des Randring-Perlmuttfalters ist diese Art die bevorzugte Futterpflanze. Ihren Namen verdankt sie ihrem kräftigen Rhizom, welches s-förmig gewunden ist. Auch der Gattungsname *Bistorta* lässt sich mit „zweifach verdreht“ übersetzen. Fällt ihr Standort trocken, zieht sie sich in dieses Rhizom zurück und überdauert so die Zeit, bis es wieder feucht genug für einen erfolgreichen Austrieb ist.

Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum)

Eine typische Ausprägung der Calthion-Gesellschaften sind Kohldistel-Wiesen. Hier kommt die namensgebende Kohl-Kratzdistel Cirsium oleraceum bestandsbildend vor. Sie kann Wuchshöhen von bis zu 170 cm erreichen, und fällt durch ihre sehr großen, aber weichen und nicht stechenden Laubblätter auf. Zwischen Juni und Oktober bildet sie pro Pflanze zwei bis sechs Blütenstände aus, die in disteltypischen Blütenkörbchen stehen und von gelb-grünen, dornigen Hochblättern umgeben sind. Diese werden von Hummeln bestäubt und ihre Samen schließlich vor allem von Vögeln wie Finken, Meisen und Kreuzschnäbel verbreitet.

Binsen und Gräser

Natürlich sind Sumpfdotterwiesen auch Lebensraum von Süß- und Sauergräsern. Auch wenn diese nicht von auffälligen, bunten Blüten gekennzeichnet sind, so sind sie für die Pflanzengesellschaft als Lebensraum von großer Bedeutung. Um also sicher zu sein, eine *Calthion*-Gesellschaft gefunden zu haben, sollten die folgenden Charakterarten vorhanden sein: Trauben-Trespe Bromus racemosus, Flatter-Binse Juncus effusus, Wald-Simse Scirpus sylvaticus und die Spitzblütige Simse Juncus acutiflorus.

Weitere Arten

Neben den vorgestellten Kennarten und den typischen Gräsern kommen in Calthion-Gesellschaften auch noch begleitend andere Pflanzenarten vor, die an dieser Stelle nicht einzeln vorgestellt werden sollen. Aber ein Klick auf den Link führt Dich zum jeweiligen Steckbrief. Das Breitblättrige Knabenkraut Dactylorhiza majalis findest Du an den (wenigen) Standorten, wo es vorkommt, recht häufig. Unter den Orchideen ist es eine, die einen Nährstoffeintrag noch am ehesten toleriert. Des Weiteren gehören der gelbe Sumpf-Hornklee Lotus pedunculatus, Bach-Kratzdisteln Cirsium rivulare und das Wasser-Greiskraut Senecio aquaticus zu den Charakterarten der Sumpfdotterblumen-Wiesen.

Ein neues Abzeichen für Dich!

Wenn Du diese Nachricht lesen willst, musst Du 15 der Kennarten dieser Pflanzengesellschaft finden. Die meisten haben wir soeben vorgestellt, und wir hoffen, dass Du nun wachen Auges durch die nächste Feuchtwiese gehen wirst. Natürlich sind die Standorte dieser Pflanzengesellschaft selten, und so kannst Du Dir das Abzeichen auch verdienen, wenn Du die Arten einzeln findest und mit Flora Incognita bestimmst.

Titelbild: Sumpfdotterblumen-Wiese, S. Schneider, tuexenia

 

 

Dieser Artikel wurde 2024 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der Pflanzenbestimmungs-App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

Vielfalt des Lebens – Lebensraumvielfalt

Biodiversität – Die Serie

Neben der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt ist die Lebensraumvielfalt eine der drei bedeutendsten Säulen der Biodiversität. In der letzten Flora Story haben wir uns intensiver mit der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art beschäftigt. In der heutigen Story gehen wir genauer auf den Aspekt der Vielfalt von Lebensräumen in einer Region ein.

Was bedeutet Lebensraumvielfalt?

Die Lebensraumvielfalt ist ein Maß dafür, wie viele verschiedene Lebensräume auf einer bestimmten Fläche vorhanden sind. Ein Gebiet, in dem beispielsweise ein natürlich fließender Bach einen Waldrand von einer Wiese trennt, kann eine hohe Strukturvielfalt aufweisen. Eine große Ackerfläche ohne Hecken oder Blühstreifen weist dagegen keine hohe Vielfalt an Lebensräumen auf. Eine hohe Lebensraumvielfalt erhöht automatisch auch die Artenvielfalt des Gebietes, da in jedem dieser Biotope eine eigene Lebensgemeinschaft vorkommt und somit eine einzelne Fläche von mehr Arten besiedelt werden kann.

Verlust von Lebensräumen

Der Mensch trägt die Hauptverantwortung bei der Zerstörung von Lebensraum, durch die Nutzung natürlicher Ressourcen, Luft-, Licht- und Wasserverschmutzung, Lärmbelastung, intensive Landwirtschaft, industrielle Produktion und die fortschreitende Zersiedelung der Landschaften. Weitere einflussreiche menschliche Aktivitäten sind Bergbau, Abholzung und Schleppnetzfischerei. Einen weltweiten Einfluss hat die Eutrophierung, der übermäßige Eintrag von Stickstoff und Phosphor in Ökosysteme und die Atmosphäre. Dieser Nährstoffeintrag führt langfristig dazu, dass nährstoffarme Habitate ihren einzigartigen und artenreichen Charakter verlieren und anderen Standorten immer ähnlicher werden.

Aber auch abiotische Umweltfaktoren können (indirekt) zur Zerstörung von Lebensräumen beitragen. Dazu gehören geologische Prozesse wie Vulkanismus, der Klimawandel, und das Ausbreiten invasiver Arten.

Invasive Arten übernehmen Lebensräume

Die Zerstörung von Lebensräumen in einem Gebiet kann dazu führen, dass sich die lokale Artenvielfalt von einer Kombination aus Generalisten und Spezialisten zu einer Population verschiebt, die hauptsächlich aus Generalisten besteht. Invasive Arten sind oft Generalisten, da sie in einer viel größeren Vielfalt von Lebensräumen überleben können als Spezialisten. Wenn nun diese ausbreitungsstarken invasiven Arten immer größere Lebensräume eines Gebietes besiedeln, bleibt für die wenigen ursprünglich dort heimischen Spezialisten immer weniger Platz. So verschiebt sich die sogenannte Aussterbeschwelle der Spezialisten immer weiter in eine fatale Richtung – und die Wahrscheinlichkeit ihres Aussterbens steigt.

Verlust der biologischen Vielfalt

Die Zerstörung von Lebensräumen ist der größte Treiber für den Verlust der Artenvielfalt und für den Verlust der genetischen Vielfalt innerhalb von Arten. Und hier geht es nicht nur um den Verlust großen und beliebten Tieren wie dem Großen Panda. Arten wie Fadenwürmer, Milben, Regenwürmer, Pilze und Bakterien übernehmen viele der für uns Menschen lebensnotwendigen Prozesse wie die Reinigung von Luft und Wasser, und auch sie verschwinden, wenn ihre Lebensräume zerstört sind. Auf höherer Ebene sorgen Pflanzen nicht nur für Strukturvielfalt und Schutz vor Erosion, sondern auch für Energie und Nährstoffe, die dann von anderen Lebewesen in der Nahrungskette weiterverarbeitet werden.

Beispiel: Totholz

Ein „gepflegter und aufgeräumter“ (Wirtschafts-)Wald ist oft einer, dem Holz entnommen wird, bevor es absterben kann. Damit fehlt dem Lebensraum Wald allerdings etwas, was ursprünglich ein fester Bestandteil war und sich über Jahrtausende entwickeln und optimieren konnte – ein Hotspot der Biodiversität: Unter der Rinde toter Bäume warten Stärke, Zucker, Vitamine, Eiweiße, Aminosäuren und Zellulose darauf, von Bock- und Borkenkäfer, Holzwespen und tausenden oftmals hoch spezialisierten v.a. Insekten und Pilzarten zersetzt zu werden. Deren Bohrmehl, Kot und Häutungsreste locken neue Holzbesiedler an – übrigens andere bei liegendem als bei stehendem Totholz. Fledermäuse, Käuze, Siebenschläfer nutzen Totholz als Überwinterungslager oder Schlafplatz, während weitere Organismen – Pflanzen, Pilze, Asseln, Milben und Würmer die Zersetzung schließlich abschließen. Übrig bleibt eine große Menge Humus, und damit die perfekte Grundlage für neues Wachstum.

Biodiversität

Das Beispiel Totholz zeigt eindrücklich: Unzählige Lebensräume und Prozesse sind durch den Menschen bereits so schnell verändert und zerstört worden, dass ganze Organismengruppen ausgestorben oder in ihrem Fortbestand akut bedroht sind. Das Wissen um die Zusammenhänge und das tägliche Bemühen um den Erhalt und die Wiederherstellung von Lebensräumen kann jedoch den Unterschied ausmachen, ob in der eigenen Stadt, im eigenen Dorf oder im eigenen Garten eine Vielfalt von Lebensräumen, Arten und die Vielfalt innerhalb dieser Arten erhalten bleibt.

Dieser Artikel wurde im Frühjahr 2024 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der Pflanzenbestimmungs-App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

Genetische Vielfalt – Vielfalt des Lebens

Biodiversität – Die Serie

Neben der Artenvielfalt und der Vielfalt von Lebensräumen ist die genetische Vielfalt eine der drei bedeutendsten Säulen der Biodiversität. In der letzten Flora Story haben wir uns intensiver mit der Artenvielfalt beschäftigt. In der heutigen Story gehen wir genauer auf den Aspekt der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art ein.

Genetische Vielfalt

Eine Art besteht aus Individuen, die sich zwar sehr ähnlich sind, aber kleine Unterschiede in ihrer Erbinformation aufweisen. Gibt es viele dieser kleinen Unterschiede, dann hat diese Art das Potenzial, sich leicht an neue Umweltbedingungen anzupassen. Ein Beispiel: Tragen manche Individuen einer Population die Eigenschaft mit sich, sich trotz hoher Bodenfeuchte weiter fortpflanzen zu können, und andere Individuen tragen die Eigenschaft mit sich, das bei Trockenheit zu können, dann ist der Fortbestand dieser Art recht wahrscheinlich, auch wenn sich die Standortbedingungen ändern.

Nicht alle Gene sind immer aktiv

In Pflanzen sind zu unterschiedlichen Zeiten und unter wechselnden Bedingungen im Durchschnitt etwa 30.000 Gene aktiv. Ob und wie gut eine Pflanze gedeiht, inwieweit sie sich an ihre Umgebung anpassen und klimatischen Veränderungen begegnen kann, kommt also darauf an, wie groß der Pool an möglichen aktivierbaren Genen ist. Betrachtet man nun ein einzelnes Gen, so hängt dessen Aktivierung unter anderem davon ab, wo und wie die Pflanze lebt: Einzeln? In einer dichten Population? Vollsonnig oder im Schatten? Auch Aspekte wie Feuchtigkeit oder die chemische Bodenzusammensetzung spielen eine Rolle.

Nicht alle Individuen müssen sich anpassen

Es gibt auch Pflanzen, die können sogar Gene aktivieren, um „Hilferufe“ auszusenden. Sie bilden dann beispielsweise Duftstoffe, die Nützlinge anlocken, um Schädlinge zu fressen. Experimente von Wissenschaftler:innen des Max-Planck-Instituts für Chemische Ökologie haben [gezeigt](https://elifesciences.org/articles/04490), dass es mitunter ausreicht, wenn nur einzelne Pflanzen innerhalb einer größeren Population diese genetische Ausprägung entwickeln, um alle benachbarten Pflanzen zu schützen.

Vielfalt als Basis für Evolution

Die genetische Vielfalt innerhalb einer Art ist auch die Grundlage für die Bildung ganz neuer Arten. Es gibt hierfür verschiedene Konzepte, die sich vor allem darin unterscheiden, ob es zu einer räumlichen Trennung (durch Gebirgs- und Inselbildung, Stürme) von Populationen kommt oder nicht.

  • Ist das der Fall, kann es keinen genetischen Austausch mehr unter den Gruppen geben und durch Mutation und Selektion entstehen schließlich neue Arten.
  • Artbildung ohne räumliche Trennung: durch spontane Mutation der Fortpflanzungsorgane können sich Individuen nicht mehr untereinander vermehren. Die veränderte Population spaltet sich von der ursprünglichen Art ab.
  • Artbildung trotz Genfluss: Wie zu Beginn der Story gezeigt, kann eine hohe genetische Variabilität innerhalb einer Art dafür sorgen, dass diese an völlig unterschiedlichen Standorten gedeihen kann. Über lange Zeiträume hinweg sorgen schließlich kleinste Veränderungen dafür, dass aus diesen angepassten Populationen neue Arten entstanden sind.

 

Dieser Artikel wurde im Frühjahr 2024 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der Pflanzenbestimmungs-App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

 

Artenvielfalt – Vielfalt des Lebens

Biodiversität – Die Serie

Neben der Artenvielfalt und der Vielfalt von Lebensräumen ist die genetische Vielfalt eine der drei bedeutendsten Säulen der Biodiversität. In dieser dreiteiligen Serie gehen wir auf jede dieser Arten in einem eigenen Artikel genauer ein. Viel Spaß!

Artenvielfalt

Der Begriff Artenvielfalt beschreibt die Anzahl biologischer Arten in einem bestimmten Gebiet. Das gilt für kleine Räume genauso wie für große: ein einziger Baum im Amazonas, ein ganzes Gebirge, ein politischer Staat, oder auch nur eine Rasterzelle in einer Stadt. Typischerweise wird die Artenvielfalt eines solchen Gebiets aufgeteilt in bestimmte Gruppen wie Pflanzen (oder nur Bäume), Säugetiere, Fische, Insekten – je nach Fragestellung oder Thema.

Wie viele Arten gibt es?

Im Jahr 2006 waren ca. 2 Millionen Arten wissenschaftlich beschrieben. Dem gegenüber stehen Schätzungen der tatsächlich existierenden Arten von 5 bis 20 Millionen weltweit. Diese beiden Angaben genau zu machen ist sehr schwierig, da verschiedene Organismengruppen unterschiedliche Kriterien zur Artabgrenzung haben, moderne Klassifizierungsmethoden auch genetische Informationen mit einbeziehen, es eine Vielzahl von Synonymen gibt und die meisten Arten einerseits sehr klein sind und zudem in Gebieten leben, die nicht leicht zu erreichen sind. Trotzdem werden jährlich etwa 12-13.000 Arten neu wissenschaftlich beschrieben.

Warum ist Artenvielfalt wichtig?

Die Natur ist für unser Überleben entscheidend, da sie uns mit wichtigen Ökosystemleistungen wie Nahrung, Medikamenten, Wasserregulation oder auch Erholungsmöglichkeiten versorgt. Außerdem trägt sie zur Regulierung des Klimas bei, und jede Art spielt eine einzigartige und wichtige Rolle. Das Fehlen einer Art kann zu einer Störung komplexer ökologischer Kreisläufe führen. So kann sich das Aussterben von Insektenarten beispielsweise negativ auf Vögel auswirken, die sich von diesen Insekten ernähren, sowie auf die Bestäubung von Pflanzen (auch Nutzpflanzen).

Was bedroht die Artenvielfalt?

An erster Stelle steht die Zerstörung von Lebensräumen durch Bebauung, Rodung oder Veränderung, z.B. durch Intensivierung der Bodenbearbeitung. Viele artenreiche Lebensräume sind nährstoffarm, da sich auf nährstoffreichen Standorten schnell wenige dominante Arten ausbreiten. Der Eintrag von Stickstoff und Phosphor durch Schadstoffe stellt eine Bedrohung für diese Lebensräume dar. Schließlich können auch invasive Arten einen nachhaltigen Einfluss auf bestehende Ökosysteme haben, indem sie die komplexen Wechselwirkungen zwischen den dort vorkommenden Arten stören und dabei etablierte Arten erfolgreich verdrängen. Über all diesen Faktoren steht der Klimawandel, der viele etablierte Prozesse so schnell verändert, dass die Anpassungsfähigkeit vieler Arten damit nicht Schritt halten kann.

Wie kann man Artenvielfalt schützen?

Die Wiederherstellung oder Erhaltung vielfältiger Lebensräume ist die wichtigste Maßnahme für den Erhalt der Artenvielfalt – oder zumindest um das Schwinden zu verlangsamen. Beispiele sind die Wiederherstellung von Auenlandschaften an Flüssen, das Erlauben von stehendem und liegendem Totholz in Wäldern, Abmagerung von Trockenrasen, extensive ganzjährige Weidhaltung, Blühstreifen mit heimischen Wildkräutern und Sträuchern an landwirtschaftlichen Flächen und der Stopp der Entwässerung von Mooren. Aber auch das eigene Handeln kann einen Einfluss haben: Wilde Ecken im Garten, versetztes Mähen von Wiesen, Verwendung torffreier Erden, die Teilnahme an Arbeitseinsätzen zum Entfernen von invasiven Pflanzen oder politische und Bildungsarbeit sind wertvolle Bausteine für die Erhaltung der Artenvielfalt.

 

 

Dieser Artikel wurde im Frühjahr 2024 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der Pflanzenbestimmungs-App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!