Fichtenborkenkäfer
Borkenkäfer-Arten
Die Fichte ist Thüringens häufigste Baumart. Ihre bedeutendsten Schädlinge sind Borkenkäfer, allen voran der Buchdrucker (Ips typographus), der mittelalte bis alte Fichten mit dicker Rinde befällt. Der viel kleinere Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) bevorzugt dünne Rinde, die er an jungen Fichten, aber auch im Kronenbereich älterer Bäume findet. Weitere Borkenkäfer-Arten sind z.B. der Doppeläugige Fichtenbastkäfer (Polygraphus poligraphus) oder der Gefurchte Fichtenborkenkäfer (Pityophthorus pityographus). Die beiden bevorzugen, wie der Kupferstecher, dünne Rinde. Außerdem können Buchdrucker und Co. neben der Fichte auch andere Baumarten wie Kiefern, Lärchen oder Douglasien befallen.
Leben in der Borke
Buchdrucker und Kupferstecher gehören zu den Rindenbrütern, bei denen sich die ausgewachsenen Käfer in die Rinde lebender Bäume einbohren und dort ihre Eier ablegen. Aus den Fraß- bzw. Brutbildern, die so entstehen, kann auf die jeweilige Käferart geschlossen werden: Das Brutbild des Buchdruckers ähnelt einem aufgeschlagenen Buch, und das des Kupferstechers erinnert entfernt an Kupferstiche.
Das Käfermännchen legt zunächst den Paarungsort an, die sogenannte Rammelkammer. Von dort aus fressen die begatten Weibchen Gänge in die Rinde, in welchen sie ihre Eier ablegen. Nach dem Schlupf fressen sich die Larven durch die umliegende Bastschicht (Siehe Titelbild).
Schadpotenzial
Die Käferlarven und Jungkäfer ernähren sich vom Bast der Bäume. Das ist die Schicht, in dem der Nährstofftransport von der Krone in den Stamm und die Wurzeln stattfindet. Zerstören die Larven durch ihren Fraß die Bastschicht, wird die Nährstoffversorgung unterbrochen. Der Stoffwechsel der Wurzeln wird gestört und die Bäume nehmen weniger Wasser auf oder sterben ab.
Ein Borkenkäfer-Weibchen kann bis zu 160.000 Nachkommen produzieren, das Schadpotential der Käfer ist also enorm. Der Klimawandel bringt vielerorts höhere Temperaturen mit sich, auch im Herbst und Spätherbst. Damit verlängert sich die Schwärmzeit der Borkenkäfer, und sie können noch mehr Nachkommen produzieren. Das macht Borkenkäfer zu Gewinnern des Klimawandels.
Die Rolle geschwächter Bäume
Die meisten Borkenkäfer sind eigentlich Sekundärschädlinge, die sich in geschwächten oder absterbenden Bäumen bzw. frisch eingeschlagenem Holz entwickeln. Nach Schadereignissen wie Sturm oder Schneebruch fällt aber oft viel Brutmaterial an. Darin können sich die Käfer massenhaft vermehren, und es entwickeln sich so viele Käfer, dass das Abwehrvermögen gesunder Fichten (Harzfluss) überwunden wird.
Auch bei langanhaltender Trockenheit, wie etwa in der Dürrephase 2018 bis 2020, kann der Harzfluss infolge des Wassermangels nahezu zum Erliegen kommen, so dass schon Einbohrversuche weniger Käfer ausreichen können, um die Wirtsabwehr zu brechen.
Erkennung von Befall
Da die Baumkrone noch lange grün sein kann, ist ein Borkenkäferbefall aus der Ferne zunächst nicht unbedingt erkennbar. Aus der Nähe fallen jedoch Einbohrlöcher zwischen den Rindenschuppen auf. Braunes Bohrmehl am Stammfuß oder zwischen den Rindenschuppen ist das wichtigste Indiz für frischen Befall, sowie Harztropfen auf der Rinde oder helle Flecken, wo Spechte auf der Suche nach Nahrung die Rinde abgeschlagen haben. Die eindeutige Feststellung erfolgt jedoch mit einem Blick unter die Rinde, wo Eier, Larven oder Käfer zu finden sind. Wird ein Befall erkannt, muss der Baum rechtzeitig vor dem Ausflug der Jungkäfer gefällt werden. Zu spät ist es, wenn sich die Nadeln verfärben und abfallen und sich die Rinde ablöst. Von abgestorbenen Fichten geht für den umliegenden Wald keine Gefahr mehr aus, denn sie sind als Brutmaterial nicht mehr geeignet.

Bohrmehl auf Rindenschuppen (groß) und am Fuß eines Fichtenstamms (klein, unten), Bohrloch des Buchdruckers (klein, oben), ThüringenForst
Natürliche Feinde
Borkenkäfer haben zahlreiche natürliche Feinde, die unter „Normalbedingungen“ für ein Gleichgewicht im Waldökosystem sorgen. Die wichtigsten Antagonisten sind räuberische Fliegen und Käfer, wie der auffällig schwarz-rot-weiß gefärbte Ameisenbuntkäfer (Thanasimus formicarius), sowie parasitische Wespen. Auch Spechte und andere Vögel, sowie Pilzkrankheiten und Bakterien können die Käfer dezimieren. Diese Gegenspieler können Massenvermehrungen der Borkenkäfer nicht verhindern, aber zumindest in ihrem Ausmaß begrenzen. Außerdem können sie eine wichtige Rolle beim Zusammenbruch der Borkenkäferpopulation und in der anschließenden Phase bis zum nächsten Anstieg der Borkenkäferzahl spielen.
Der Walddoktor
Die Story-Serie „Der Walddoktor“ entsteht in Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der TU Ilmenau mit dem Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha von ThüringenForst im Rahmen des Projektes „Der Walddoktor“. Dieses wird durch das Bundesamt für Bildung und Forschung, das Förderprogramm „Wir! – Wandel durch Innovation in der Region“ und das Bündnis Holz-21-regio gefördert.“
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