Invasive Pflanzen in der EU Teil 4: Kletterpflanzen

Unionsliste invasiver Arten

In der EU gibt es rund 12.000 gebietsfremde Arten. Ein kleiner Teil von ihnen erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie heimische Arten in ihrem Bestand gefährden können.

Die EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten soll verhindern, dass sich diese Arten ausbreiten, beziehungsweise ein schnelles Reagieren ermöglichen, wenn sich erste Anzeichen einer Ausbreitung zeigen. Um welche Arten genau es sich handelt, steht in der „Unionsliste“. Von den insgesamt 88 aufgeführten invasiven Arten sind 40 Gefäßpflanzen. In einer Artikel-Serie, die zunächst in der Flora-Incognita-App veröffentlicht wurde, stellen wir diese vor. Auf unserer Website findest Du außerdem die Beiträge zu invasiven Sträuchern und Bäumen, Gräsern und Wasserpflanzen zum Nachlesen. In Teil 4 geht es um Kletterpflanzen.

Cardiospermum grandiflorum, der Ballonwein

Als Zierpflanze wurde der Cardiospermum grandiflorum aus Mittel- und Südamerika fast weltweit verbreitet. Seine kleinen weißen Blüten und attraktiven Früchte sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verholzenden Triebe massive Teppiche bilden können, welche Bäume von 10-20 Meter höhe vollständig überwuchern können. Damit verdunkeln sie den darunter befindlichen Lebensraum und können mit ihrem Gewicht auch zu einem Zusammenbrechen der bewachsenen Strukturen führen. Des Weiteren werden Wild- und Weidetiere an ihrer freien Bewegung oder Migration gehindert.

Lygodium japonicum, der Japanische Kletterfarn

Im Osten Asiens ist Lygodium japonicum heimisch. Die Pflanze bildet an ihren kriechenden Rhizomen Wedel, die bis zu 30 Meter lang werden können und kletternde Eigenschaften haben. Die Art produziert sehr kleine Sporenkapseln, die über Kleidung und Gepäck, aber auch in Blumenerde leicht verbreitet werden können. Der Japanische Kletterfarn ist gut an Kälte angepasst, seine Sporen bleiben trotz Frost lebensfähig. Dennoch bevorzugt er feuchtwarme Standorte zur Ausbreitung. In Nordamerika verändert die Art bereits die Intensität und das Ausmaß von Brandereignissen, da sie Flammen schnell in die Kronen der Bäume klettern lässt.

Pueraria montana, Kudzu

Pueraria montana, oder auch Kudzu genannt, gehört zu den Hülsenfrüchtlern und stammt aus Ostasien. Laut IUCN gehört sie zu den 100 aggressivsten invasiven Neophyten, denn sie kann in nur wenigen Jahren eine existierende Vegetation komplett überdecken und zerstören. Neben den ausdauernden, kräftigen Lianen, die bis zu 20 Meter pro Jahr wachsen können, bildet sie Wurzelknollen als Überdauerungsorgane. Diese können Längen von 2 Meter, Durchmesser von 18 bis 45 Zentimeter und ein Gewicht von 180 kg erreichen. Sie besiedelt Gärten, Straßenböschungen und Seeufer. In der Schweiz und in Italien findet sich Kudzu bereits in warmen Lagen.

Celastrus orbiculatus, der Rundblättrige Baumwürger

Einst als Zierpflanze eingeführt, ist der Rundblättrige Baumwürger (Celastrus orbiculatus) trotz Handelsverbot noch immer hier und da erhältlich. Seine Verbreitung erfolgt durch unsachgemäße Entsorgung von Pflanzenteilen und beerenfressende Vögel. Kann die Liane an Bäumen emporklettern, wird sie bis zu 12 Meter hoch. Andernfalls bildet sie ein sehr dichtes, bodendeckendes Geflecht. Noch jung sorgt sie für eine massive Beschattung der Vegetation und erhöht das Bruchrisiko von jungen Bäumen. Mit zunehmendem Dickenwachstum übt der Baumwürger zunehmenden Druck auf seine Trägerbäume aus und kann sie „erdrosseln“.

Humulopsis scandens, Japanischer Hopfen

Japanischer Hopfen (Humulopsis scandens) war vielerorts eine beliebte Zierpflanze zur Begrünung von Spalieren und Zäunen. Natürlicherweise besiedelt er recht schnell Flussläufe, aber seine neuen Ausbreitungswege sind von menschlicher Aktivität bestimmt. Hat er einmal Fuß gefasst, ist er in der Lage, durch Überwuchern und Beschatten Lebensräume strukturell und funktionell zu verändern und damit die Artenvielfalt zu reduzieren. Insbesondere Röhrichte oder Weidensäume sind vom Japanischen Hopfen bedroht. Die Art ist einjährig, was bedeutet, dass der Boden mit dem Ende der Vegetationszeit offen liegt und damit anfällig für Erosion durch das Wasser wird.

Persicaria perfoliata, der Durchwachsene Knöterich

Der Durchwachsene Knöterich (Persicaria perfoliata) ist eine ein- bis mehrjährige Liane und kann bis zu 8 Meter hoch klettern. Noch ist die Art in Europa nicht etabliert, würde aber in Wäldern und auf gestörten Flächen gute Lebensbedingungen vorfinden. Ihre Samen werden gern von Tieren gefressen, was eine schnelle Ausbreitung ermöglicht. In den USA bildet sie dichte Matten, die die Vegetation überdecken und die darunterliegenden Arten zum Absterben bringen. Dort meldet die Forstwirtschaft bereits wirtschaftliche Schäden; ebenso Obstbauern, Baumschulen und die Tourismusbranche.

Ausbreitung dokumentieren

Wenn Du Pflanzen mit Flora incognita bestimmst und dabei den Standort freigibst, wird Dein Fund Teil einer wissenschaftlichen Datensammlung, die unseren Wissenschaftler:innen ermöglicht, die Verbreitung von Arten in Zeit und Raum zu erforschen. Unsere Forschungsarbeiten kannst Du hier nachlesen. Aber auch naturschutzfachliche Management-Maßnahmen lassen sich mit diesen Daten schnell und effektiv planen und durchführen. Danke für Deine Hilfe!

Achtung! Die auf der Unionsliste geführten Arten dürfen nicht vorsätzlich in das Gebiet der EU verbracht werden, gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht und in die Umwelt freigesetzt werden!

Titelbild: Durchwachsener Knöterich. (Mile-a-minute-weed (28816287065).jpg) von Katja Schulz. CC BY 2.0.