Buchenvitalitätsschwäche
Geschwächte Buchen
Im Zuge des Klimawandels häufen sich Witterungsextreme, die zu einer erhöhten Belastung der Baumgesundheit führen können. Beginnend mit dem Trockenjahr 2018, das bereits im Frühjahr durch langanhaltende hohe Temperaturen und geringe Niederschläge gekennzeichnet war, kam es zu teilweise massiven Schäden in Rotbuchenbeständen (Fagus sylvatica). Zunächst waren vor allem ältere, lichte Bestände auf flachgründigen, trocken-warmen Standorten betroffen, inzwischen zeigen sich aber auch in anderen Altersklassen die komplexen Symptome, die unter dem Krankheitsbild der Buchenvitalitätsschwäche zusammengefasst werden.
Chronologie
Bereits im Frühjahr 2018 traten vielerorts erste Störungen auf: viele Buchen, die an Waldrändern, in exponierten Lagen oder auf durchlässigen Böden wuchsen, konnten nur kleine Blätter ausbilden. Bereits im Spätsommer fielen teilweise die noch grünen Blätter zu Boden. Intensive Sonneneinstrahlung, gefördert durch fehlende Belaubung, exponierte Lage oder aufgelichtete Bestände, führte zu Rindenrissen und abplatzender Rinde. Die durch Trockenheit und Hitze geschwächten Bäume waren in der Folge anfällig für Sekundärschädlinge: Rindenzerstörende Pilze wie Neonectria coccinea nutzen die vorgeschädigten Kronen und Stämme als Eintrittspforten, auch andere, teils endophytisch lebende Pilze gingen in ihre parasitäre Phase über. Darüber hinaus waren die geschwächten Bäume anfällig für den Befall mit rinden- und holzbrütenden Insekten wie Buchenborkenkäfer und -prachtkäfer. Viele so geschädigte Bäume konnten im Frühjahr 2019 nicht mehr austreiben. Seit Sommer 2019 sind vielerorts alle Altersklassen der Rotbuche von Hitze- und Trockenschäden betroffen, und die Krankheit, deren Verlauf viele Jahre dauern kann, tritt nunmehr auch in geschlossenen Beständen auf.
Rindenpilze
Gesunde Buchen können Trockenschäden oft ausheilen. Geschwächte Buchen sind jedoch anfällig für den Befall durch Rindenpilze, die die reduzierte Abwehrkraft der Bäume und die Schädigung durch z. B. Sonnenbrand als Eintrittspforten nutzen. Parasitäre Pilze stören zusätzlich die Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume und führen schließlich zu Verfärbungen und Holzfäule. Zu den häufigsten an der Buchenvitalitätsschwäche beteiligten Pilzen gehören das Scharlachrote Pustelpilzchen Neonectria coccinea, Eutypella quaternata, der Münzenförmige Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia) und Hallimasch (Armillaria spp.). Die beschriebenen Rinden- und Holzfäulepilze sind meist ohnehin in den Beständen vorhanden (Endophyten) und werden erst bei erhöhter Anfälligkeit der Buchen zu Schwächeparasiten. Sind die Bäume erst einmal intensiv durch die Pilze besiedelt, ist mit einer Erholung nicht mehr zu rechnen.
Schadinsekten
Die Buchenvitalitätsschwäche ist eine Erkrankung, die sich über Jahre ziehen kann. In geschädigten Bäumen kommt es meist früher oder später zu einem Befall durch rinden- und schließlich auch holzbrütende Insekten. Dies kann maßgeblich zum Absterben der Bäume beitragen. Zudem wird die Holzqualität teils erheblich vermindert und die Stand- und Bruchsicherheit durch einen erhöhten Totholzanteil in der Krone gefährdet. In den vergangenen, trockenen Jahren waren vor allem der Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis), der kleine Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) und der Laubnutzholzborkenkäfer (Trypodendron domesticum) am Schadgeschehen beteiligt.
Forschung und Ausblick
Aufgrund der klimatischen Entwicklung ist auch in den nächsten Jahren mit großflächigen Vitalitätsverlusten der Buche zu rechnen. Die Entnahme von pilzbefallenen Bäumen aus dem Wald ist nicht zwingend notwendig, kann aber bei Bäumen, die Brut- und Nahrungsraum für die beschriebenen Käfer bieten, sinnvoll sein. In jedem Fall ist zu bedenken, dass eine solche Entnahme zu einer weiteren Auflichtung und damit zu einem Fortschreiten der Schäden führt. Das Forschungsprojekt „Buchenkalamitäten im Klimawandel – Ursachen, Folgen, Maßnahmen (Buche-Akut)“ hat zum Ziel, weitere Erkenntnisse zu gewinnen und Handlungsstrategien für die Sanierung, Wiederbegründung und zukünftige Bewirtschaftung von Rotbuchenwäldern in Mitteldeutschland zu entwickeln. Eine umfangreiche Wissenssammlung zum Thema findet sich auf der Projektwebseite: https://www.thueringenforst.de/forschungsfelder-projekte/buche-akut. Weitere Informationen sind in der Broschüre „Buchenvitalitätsschwäche“, herausgegeben von ThüringenForst, nachzulesen (Download).
Der Walddoktor
Die Story-Serie „Der Walddoktor“ entsteht in Zusammenarbeit des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der TU Ilmenau mit dem Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha von ThüringenForst im Rahmen des Projektes „Der Walddoktor“. Dieses wird durch das Bundesamt für Bildung und Forschung, das Förderprogramm „Wir! – Wandel durch Innovation in der Region“ und das Bündnis Holz-21-regio gefördert.“