Flora-Incognita-Beobachtungen ermöglichen phänologisches Monitoring in ganz Europa

Eine neue Studie aus unserem Forschungsprojekt zeigt, dass Pflanzenbeobachtungen, die mit Bestimmungs-Apps gesammelt werden, Aussagen über die Entwicklungsstadien von Pflanzen zulassen – sowohl kleinräumig als auch europaweit. [Studie lesen]

Warum ist die Dokumentation der Phänologie wichtig?

Viele Pflanzen in gemäßigten Klimazonen durchlaufen jedes Jahr einen Ablauf aus Blüte, Blattaustrieb, Fruchtbildung, Blattfärbung und Blattfall. Diesen Prozess nennt man Phänologie, und er und wird stark von lokalen klimatischen Bedingungen beeinflusst (zum Beispiel von der Anzahl der Tage im Jahr, an denen eine bestimmte zum Wachstum notwendige Mindesttemperatur erreicht wird, siehe „Growing Degree Day“ oder GDD). Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass sich der Klimawandel stark auf die Phänologie auswirkt. Beispielsweise beginnt der Frühling mittlerweile früher als noch in den 1950er Jahren, wodurch die Vegetationsperiode viel schneller einsetzt als damals. Solche Veränderungen haben Auswirkungen auf landwirtschaftliche Abläufe und können außerdem auch zu ökologischen Ungleichgewichten führen: Pflanzen beginnen beispielsweise zu blühen, noch bevor ihre Bestäuber aktiv sind. Aber nicht alle Pflanzen reagieren gleichermaßen auf klimatische Veränderungen. Arten, die ein größeres Toleranzspektrum für warme Tage haben, oder bei denen andere Faktoren die Phänologie bestimmen, bleiben von Verschiebungen nahezu unberücksichtigt. Um ein wirklich präzises Verständnis für den Einfluss des Klimas auf die Pflanzenphänologie zu erlangen, ist es wichtig, die Phänologie von möglichst vielen verschiedenen Arten, in unterschiedlichen Ländern und geografischen Regionen zu dokumentieren.

Wie funktioniert das phänologische Monitoring?

Phänologie wird heute bereits über verschiedene Methoden dokumentiert. Satellitenbilder erkennen das Ergrünen ganzer Landstriche, Kameras in Baumkronen fertigen automatisierte Bilderserien über den Zustand der darunter liegenden Vegetationsschicht an. Solche Datensätze erlauben Aussagen über große Skalen, lassen aber kaum Rückschlüsse auf die Phänologie von einzelnen Arten oder gar Individuen zu. Hierfür gibt es Initiativen, die mit Hilfe von geschulten Freiwilligen durchgeführt werden. Die Zahl dieser Bürgerwissenschaftler:innen geht jedoch immer weiter zurück, und zudem ist diese Art der Datenerhebung in der Regel auf bestimmte Pflanzenarten (oftmals Bäume), Länder oder noch kleinere Regionen beschränkt.

Kann man mit Flora Incognita Phänologie dokumentieren?

Daten, die über Pflanzenbestimmungs-Apps wie Flora Incognita erhoben werden, können hier eine Lösung sein. Das haben die Wissenschaftler:innen unseres Projekts bereits 2023 nachgewiesen: Pflanzen werden vor allem dann wahrgenommen und fotografiert, wenn sie einerseits auffällig sind und zudem blühen, bunte Früchte tragen oder Herbstlaub. So entstehen Beobachtungsmuster, die phänologische Events anzeigen. Diese Muster decken sich in vielen Fällen mit denen, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Bezug auf den Blühbeginn von Arten in Deutschland veröffentlicht. Angenommen, der DWD registriert in einem Jahr einen früheren Blühbeginn des Holunders als im Vorjahr, dann spiegelt sich diese Verschiebung auch in den Bestimmungsanfragen von Flora Incognita wider.

Details zu dieser Studie findest Du in diesem Artikel: Phänologie-Monitoring mit Flora-Incognita-Pflanzenbeobachtungen.

Neue Studie zeigt Phänologien und bioklimatische Zusammenhänge über ganz Europa

Unsere neue Publikation zeigt nun, dass Smartphone-Beobachtungen sogar bekannte überregionale phänologische Muster widerspiegeln, wie z. B.

  • die spätere Blüte vieler Arten in Nord- und Osteuropa oder
  • die spätere Blüte vieler Arten in größeren Höhenlagen, aber auch
  • eine europaweite Verschiebung des Blühbeginns zwischen den Jahren, wie es bereits für Deutschland nachgewiesen wurde.

Das beweist, dass die von Pflanzenbestimmungs-Apps generierten Daten eine zuverlässige Quelle für das Vorkommen von Pflanzen zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort sind und sich gut für die Beantwortung weiterer Forschungsfragen eignen – auch in größeren Maßstäben.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick

Pflanzen blühen eher, wenn es mehr warme Tage gibt

Wir haben die europaweiten Beobachtungsdaten (Quellen: Flora Incognita, aber auch Meldeplattformen wie iNaturalist) aus 2020 und 2021 von 20 verschiedenen Pflanzenarten miteinander verglichen. Dabei konnten wir feststellen, dass insbesondere die Frühlingsblüher wie beispielsweise der Gamander-Ehrenpreis Veronica chamaedrys 2020 zeitiger geblüht haben – bis zu zwei Wochen eher als 2021.

 

Eine Analyse der Temperatur am jeweiligen Standort zeigte auf, dass es im Frühjahr 2020 deutlich mehr Tage gab, an denen im Mittel 5°C oder darüber erreicht wurden, die Pflanzen also in kürzerer Zeit mehr Wärme aufnehmen konnten. Bei Arten, die später im Jahr blühen, wie der Rainfarn Tanacetum vulgare oder der Gewöhnliche Natternkopf Echium vulgare, war der Effekt weniger ausgeprägt.

Pflanzen blühen später, wenn sie in höheren Lagen, weiter im Osten oder im Norden wachsen

Es waren jedoch nicht nur Muster zwischen den Jahren, sondern auch zwischen verschiedenen Regionen zu erkennen. Es ist bekannt, dass die gleiche Art je nach Standort zu unterschiedlichen Zeiten blüht. (-> Hopkins‘ bioklimatisches Gesetz) Wenn beispielsweise die gleiche Pflanzenart in Schweden und Spanien vorkommt, blüht die spanische Pflanze einige Tage oder sogar Wochen früher als die im Norden. Die genaue Anzahl der Tage bis zur Blüte variiert natürlich je nach Pflanzenart. Auch diese Gesetzmäßigkeit lässt sich mit Flora-Incognita-Daten abbilden:

Diese Abbildung zeigt den Median der Beobachtungsdaten für die drei bereits vorgestellten Pflanzenarten. Rosa und orange Farben zeigen an, dass die Art am jeweiligen Ort früh im Jahr blühte, während die gleiche Art an einem anderen Standort später blühte (dunkelgrün und blau codiert). Deutlich setzen sich nicht nur die Längen- und Breitengrade ab, sondern auch die Mittel- und Hochgebirge. Details zu den Daten und angewandten Methoden sind in der Publikation ersichtlich, die am E nde des Artikels verlinkt ist.

Alle untersuchten 20 Pflanzenarten ließen sich in eines von drei Hauptmustern eingliedern, die hier beispielhaft abgebildet sind. Veronica chamaedrys zeigt im Jahr 2020 mehr rötliche Farben als im Jahr 2021; wie bereits erwähnt ist dies auf die wärmeren Temperaturen im Frühjahr 2020 zurückzuführen. Echium vulgare zeigt über die Jahre hinweg nur geringfügige Reaktionen auf unterschiedliche Klimabedingungen, und für Tanacetum vulgare konnten wir feststellen, dass Phänologie im Vergleich zu den anderen Arten ein umgekehrtes Muster aufweist: Rainfarn blüht in östlichen, nördlichen und hohen Lagen eher als seine Geschwister in westlichen, südlichen und niedrig gelegeneren Teilen Europas. Auch dieses Phänomen wurde bereits in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben. Arten, die eigentlich viele warme Tage bis zur Blüte brauchen, haben sich an kalte Standorte mit einer Verkürzung der Vegetationszeit und einem zeitigeren Blühtermin angepasst.

Zusammenfassung

Die neue Publikation zeigt zum ersten Mal auf einer europaweiten Skala zeitliche und räumliche Verschiebungen von Pflanzenphänologie anhand von Daten, die nicht gezielt für diesen Zweck gesammelt wurden. Für die Nutzer:innen von Flora Incognita bedeutet  das, dass jede einzelne Pflanzenbestimmung mehr als nur die eigene Neugierde befriedigt. Durch die Dokumentation von Pflanzenvorkommen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort schaffen sie eine wachsende und robuste Datenquelle zur Phänologie, die keine nationale Grenzen kennt, neue Arten mit einschließt und zahlreiche weiterführende Forschungsfragen beantworten kann.

Vielen Dank für Eure Neugier.

Die neue Veröffentlichung ist ab sofort frei verfügbar:

Rzanny, M., Mäder, P., Wittich, H.C. et al. Opportunistic plant observations reveal spatial and temporal gradients in phenology. npj biodivers 3, 5 (2024). https://doi.org/10.1038/s44185-024-00037-7

Veronica chamaedrys im Titelbild: aufgenommen von Ilse Schönfelder.

Blog-Banner, welches den Text "Neue Publikation verfügbar" enthält und blau-grüne Interpolationskarten von Deutschland, beschriftet mit "DWD" und "Flora Incognita". Die Karten sehen sich sehr ähnlich.

Phänologie-Monitoring mit Flora-Incognita-Pflanzenbeobachtungen

Bedeutung der Phänologie
Vor wenigen Tagen ist eine neue Publikation unserer Forschungsgruppe erschienen, die zeigt, dass die Pflanzenbeobachtungen, die über unsere App gesammelt wurden, traditionelle Initiativen zur Überwachung der Pflanzenphänologie unterstützen können. Warum ist das wichtig? Das Beobachten der Pflanzenphänologie hilft Wissenschaftler:innen beispielsweise dabei, zu verstehen, wie der Klimawandel auf Pflanzen wirkt. Verschieben sich Blühzeiträume aufgrund von veränderten klimatischen Verhältnissen, kann das für ökologische Zusammenhänge oder die Ausbreitung von Arten erhebliche Folgen haben. Traditionell werden die Phasen der Phänologie (z.B. Knospenaufbruch, Blattaustrieb, Blühbeginn und Blattfärbung) manuell durch geschulte Freiwillige aufgenommen – doch deren Anzahl nimmt stetig ab.

Traditionelle Phänologieüberwachung
In Deutschland wird das „offizielle“ Phänologie-Monitoring hauptsächlich vom Deutschen Wetterdienst (DWD) durchgeführt. Geschulten Beobachter:innen wird eine bestimmte „Station“ zugewiesen, die einem dedizierten Ort für die Beobachtung eines Baumes, Strauchs oder krautigen Pflanze entspricht. Die Anzahl dieser Stationen variiert je nach beobachteter Art. Das bedeutet, dass einige Arten mehr Stationen haben als andere. Während der Vegetationsperiode müssen die Beobachter:innen die von ihnen untersuchten Pflanzen mindestens zweimal pro Woche besuchen und den Tag notieren, an dem bestimmte Phäno-Phasen beginnen.

Prozessdiagramm, das zeigt, wie Pflanzenbeobachtungsdaten in Daten zum Blühbeginn umgewandelt werden und mit DWD (Deutscher Wetterdienst) Beobachtungsstationen für eine exemplarische Art in Beziehung gesetzt werden. (aus: Katal & Rzanny et al. 2023)

Prozessdiagramm, das zeigt, wie Pflanzenbeobachtungsdaten in Daten zum Blühbeginn umgewandelt werden und mit DWD (Deutscher Wetterdienst) Beobachtungsstationen für eine exemplarische Art in Beziehung gesetzt werden. (aus: Katal & Rzanny et al. 2023)

Aufbereitung von Flora-Incognita-Daten
Die Forschenden Negin Katal und Michael Rzanny entwickelten nun eine Möglichkeit, Flora-Incognita-Daten so zu verarbeiten, dass diese mit den beschriebenen DWD-Stationen vergleichbar werden: Sie identifizierten für verschiedene Arten die Standorte der DWD-Stationen und zogen einen 5 km großen Kreis um sie herum. Innerhalb dieses Kreises und eines bestimmten Höhenbereichs betrachteten sie alle Flora-Incognita-Beobachtungen dieser Art. Gab es mindestens 35 dieser Funde, wurde eine „Flora-Incognita-Station“ erstellt. Wenn diese nicht erreicht werden konnten, selbst nicht innerhalb eines zusätzlichen Puffers (in Schritten von je 1 km, bis zu 55 km), wurde an diesem Ort keine Flora-Incognita-Station gebildet.

Räumlich interpolierte Karten basierend auf den DWD- und Flora Incognita-Stationen für den Beginn der Blüte von Sambucus nigra und Taraxacum officinale in den Jahren 2020 und 2021. Die Farbskala zeigt den jeweiligen Tag im Jahr für den Blühbeginn in jeder Rasterzelle (aus: Katal & Rzanny et al. 2023).

Räumlich interpolierte Karten basierend auf den DWD- und Flora Incognita-Stationen für den Beginn der Blüte von Sambucus nigra und Taraxacum officinale in den Jahren 2020 und 2021. Die Farbskala zeigt den jeweiligen Tag im Jahr für den Blühbeginn in jeder Rasterzelle (aus: Katal & Rzanny et al. 2023).

Interpolation der Daten
Im nächsten Schritt wurde für jede dieser Flora-Incognita-Stationen der Blühbeginn in den Jahren 2020 und 2021 berechnet, und die Stationsdaten für ganz Deutschland interpoliert. Die so entstandenen Interpolationskarten zeigen für die meisten Arten ähnliche Ergebnisse wie die manuelle Dokumentation durch den DWD.

Fazit
Die Haupterkenntnis der Publikation ist, dass der Blühbeginn aus unseren Pflanzenbeobachtungen abgeleitet werden kann – zumindest für einjährige krautige Arten oder Sträucher mit auffälliger Blühphase. Damit können Flora-Incognita-Daten die traditionell gesammelten phänologischen Erhebungen großräumig, aber auch für eine Vielzahl neuer Arten, ergänzen. Dadurch können wir einen wertvollen Beitrag zur Dokumentation phänologischer Verschiebungen leisten, was unter anderem für die Dokumentation und das Verständnis des Klimawandels von großer Bedeutung ist.

Wir möchten uns bei Euch, den immer neugierigen Nutzer:innen, bedanken. Aus Euren Pflanzenbestimmungen entstand dieser Datensatz, und wir hoffen, ihr bleibt weiterhin motiviert, an Wegen und Wiesen, im Wald und am See, auf Bergen und am Strand Pflanzen zu entdecken und aufzunehmen.

Hier könnt Ihr das Paper lesen (nur auf Englisch):

Katal, N., Rzanny, M., Mäder, P., Römermann, C., Wittich, H. C., Boho, D., Musavi, T. & Wäldchen, J. (2023). Bridging the gap: How to adopt opportunistic plant observations for phenology monitoring Frontiers in Plant Science, 14.

doi: 10.3389/fpls.2023.1150956

 

Pressemitteilung: Neue KI für Flora Incognita

„Flora Incognita“, Deutschlands beliebteste Pflanzenbestimmungs-App, wurde durch eine neue Künstliche Intelligenz weiter aufgewertet – die Anzahl der bestimmbaren Pflanzenarten hat sich dadurch verdreifacht: Weltweit können nun rund 16.000 Arten bestimmt werden. Die App, die jetzt in 20 Sprachen verfügbar ist, funktioniert nun zudem auch im Offline-Modus und ihr digitales Bildungsangebot wurde um eine Vielzahl an neuen Pflanzen-Informationen deutlich erweitert.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena verbesserten Flora Incognita mit einer neuen technologischen Basis aus selbstlernenden, tiefen neuronalen Netzen. Prof. Patrick Mäder, Leiter des Fachgebiets Datenintensive Systeme und Visualisierung und Projektleiter von Flora Incognita an der TU Ilmenau, und das Forscherteam aus Jena haben in den letzten Monaten große Anstrengungen unternommen, für diese Netze innovative Machine-Learning-Trainingsmethoden zu entwickeln: „Wir haben die neuen Methoden gleich für die Flora-Incognita-App angewendet und so konnten in unserem Rechenzentrum an der TU Ilmenau Millionen Bilder von Pflanzen weltweit verarbeitet werden. Mit den richtigen Bildern sind die neuen Netze jetzt in der Lage, viele Pflanzenarten mit einer Genauigkeit von nahezu 100 Prozent zu klassifizieren“.

Für die neue App-Version wurden außerdem die Benutzerfreundlichkeit und die Barrierefreiheit verbessert. So können Pflanzenfunde jetzt auch offline, also ohne Netzempfang, in der Natur angelegt und später (mit Internetzugang) automatisch bestimmt werden. Deutschlands beliebteste Pflanzenbestimmungsapp wird auch an Schulen und Universitäten von Pädagoginnen und Pädagogen zur Unterstützung der Lehre eingesetzt. Da Schulgeräte selten über mobiles Internet verfügen, profitiert insbesondere diese Zielgruppe vom neuen Offline-Modus.

Außerdem wurde ein neues spielerisches Element eingeführt: Nutzerinnen und Nutzer können für das Dokumentieren bestimmter Pflanzengruppen Abzeichen sammeln. So haben sie nicht nur selbst über einen langen Zeitraum Freude am Pflanzensammeln, sie stärken auch das Bewusstsein für Artenvielfalt in ihrem sozialen Umfeld. Die App schafft damit gleichzeitig einen Anreiz, auch schon bekannte Arten oder andere Pflanzengruppen zu dokumentieren, was den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wichtige Daten für ihre Forschungsprojekte liefert.

Neu ist zudem die Möglichkeit, Flora Incognita zur Durchführung von Citizen-Science-Projekten nutzen zu können. So können am Projekt beteiligte Laien wie gewohnt Pflanzen bestimmen, zum Beispiel invasive Arten einer Region, besondere Bäume, oder die Pflanzenvielfalt eines Schulgeländes.  Die Verantwortlichen des Citizen-Science-Projekts bekommen dann die anonymisierten Beobachtungsdaten zur wissenschaftlichen und naturschutzfachlichen Auswertung zugeschickt.

Aber nicht nur die Technik der Flora-Incognita-App ist besser geworden. Auch die Datengrundlage und die hinterlegten Informationen wurden erweitert. Dazu haben auch Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, also interessierte Laien, beigetragen. Mit der speziell für das wissenschaftliche Dokumentieren von Pflanzen entwickelten „Flora Capture“-App wurden bereits Tausende Aufnahmen aus definierten Perspektiven übermittelt, die zu einer deutlichen Verbesserung der Bestimmungsgenauigkeit der deutschen Flora, insbesondere kritischer Pflanzengruppen wie Süßgräsern, beigetragen haben. Studierende der Fachhochschule Erfurt beteiligten sich bei der Aufnahme tausender Bäume, sodass eine Bestimmung nun auch im Winter anhand von Knospenbildern möglich ist. Weitere bedeutsame Datengrundlagen für die Erweiterung der bestimmbaren Arten lieferten die Autoren des Werks „African Plants – A Photo Guide“, und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule Geisenheim und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden.

Co-Projektleiterin Dr. Jana Wäldchen vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena kündigt an, dass in den nächsten Monaten auch das zusätzliche Informationsangebot in der App weiter ausgebaut werden soll: „Wir planen, die Pflanzensteckbriefe mit weiteren spannenden Fakten zu ergänzen. Wir denken da beispielweise an Informationen darüber, wie bestäuberfreundlich eine Art ist, oder ob sie invasiv ist. Damit möchten wir unseren Nutzerinnen und Nutzern nach der Bestimmung interessantes Pflanzenwissen mitgeben.“

 

Diese Pressemitteilung wurde am 18. April 2023 von der TU Ilmenau ausgegeben.

 

 

 

Blog-Banner zur Publikation des User Experiments zur Erkennung von Pflanzenmerkmalen

Wie kann Pflanzenbestimmung mit Bestimmungsschlüsseln erleichtert werden?

Unsere neue Publikation „Towards more effective identification keys – a study of people identifying plant species characters“  untersucht systematisch, wie gut Menschen mit unterschiedlichem botanischem Hintergrund morphologische Pflanzenmerkmale wahrnehmen, verstehen und zuordnen können. Am Ende schlägt unsere Publikation eine Reihe von Gestaltungsprinzipien für intuitive und benutzerfreundliche Bestimmungsschlüssel vor.

Kontext

Die korrekte und schnelle Bestimmung von Pflanzenarten spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der biologischen Vielfalt, denn der Mensch kann nur schützen, was er kennt. Die automatisierte Artbestimmung über Apps wie Flora Incognita kann dazu beitragen, die Wissenslücke zu schließen, aber die gängigste Methode zur Bestimmung von Pflanzenarten ist immer noch die Arbeit mit Bestimmungsschlüsseln in gedruckten Büchern. Für Laien sind diese Schlüssel oft schwer verständlich, da viele Fachbegriffe verwendet werden und es an leicht verständlichen Abbildungen fehlt.

Allerdings sind es nicht selten ebendiese Laien, die an der Erfassung der biologischen Vielfalt beteiligt sind – manche Initiativen sind sogar auf sie angewiesen. Häufig sind detaillierte Informationen über Arten, phänologische Merkmale oder andere Merkmale erforderlich, um die anfallenden Aufgaben zu erfüllen. Um die Zahl der Citizen Scientists, die sich an Monitoring-Projekten beteiligen, zu halten und zu erhöhen, wären neue Ansätze zur Unterstützung von Anfängern hilfreich – vor allem, wenn es darum geht, schnell und zuverlässig Kompetenzen zur Bestimmung von Arten anhand von Pflanzenmerkmalen aufzubauen.

Warum ist die richtige Beurteilung von Pflanzenmerkmalen so wichtig?

In diesem Beispiel sehen Sie Bilder des Europäischen Kreuzdorns (Rhamnus cathartica) und des Gemeinen Hartriegels (Cornus sanguinea). Auf den ersten Blick sehen beide Arten sehr ähnlich aus, so dass die exakte Wahrnehmung und Beschreibung der Blattränder ein entscheidender Faktor für die Artbestimmung ist:

 

Bild eines Blattes von Rhamnus cathartica - Purgier-Kreuzdorn

Rhamnus cathartica – Purgier-Kreuzdorn

Bild eines Blattes von Cornus sanguinea - Roter Hartriegel

Cornus sanguinea – Roter Hartriegel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rhamnus cathartica mit seiner graubraunen Rinde und den oft dornigen Ästen hat elliptische bis ovale Blätter mit gezähnten Rändern. Cornus sanguinea hingegen hat dunkelgrün-braune Äste mit elliptischen bis ovalen Blättern, die einen ganzen Rand haben. Der entscheidende Faktor ist in diesem Fall ein Adjektiv, das man kennen, verstehen und wahrnehmen muss, um die betreffende Pflanze zu bestimmen.

Die Studie

Wir haben eine Online-Umfrage mit 484 Personen durchgeführt. Nachdem das Vorwissen der Personen über Pflanzen und Arten ermittelt worden war, erhielten sie die Aufgabe, morphologische Pflanzenmerkmale aus einer Reihe von Pflanzenbildern zu identifizieren, die durch Piktogramme unterstützt wurden, wie unten dargestellt. Insgesamt wurden 25 verschiedene Pflanzenmerkmale auf 6 Bildern aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt.

 

Überblick über den Studienaufbau

Ergebnisse

Im Durchschnitt erkannten die Teilnehmer*innen 79 % der Merkmale richtig, auch diejenigen, die keine umfassenden Artenkenntnisse hatten. Diejenigen, die sich selbst als mittelmäßige oder erfahrene Pflanzenexperten bezeichneten, benötigten weniger Bilder der jeweiligen Pflanze, um eine eindeutige Antwort zu geben, und fühlten sich insgesamt sicherer in ihrer Antwort. Im Durchschnitt wurden blütenbezogene Merkmale deutlich häufiger und schneller identifiziert als blattbezogene Merkmale. Außerdem wurden für blütenbezogene Merkmale weniger Bilder benötigt, um eine eindeutige Antwort zu finden.

Fazit

Es scheint, dass mit sorgfältig ausgearbeiteten Pflanzenmerkmalen, die durch eine Kombination aus Symbolen und erklärendem Text veranschaulicht werden, selbst komplexe Strukturen auch von Laien verstanden und richtig angesprochen werden können. Damit zeigen wir, dass bei der zukünftigen Gestaltung von klassischen Bestimmungsschlüsseln nicht nur die botanischen Begriffe im Vordergrund stehen sollten, sondern auch die Nutzer*innen und deren aktuelle Kenntnisse. Die Verbesserung der Artenkenntnis und das Erlernen von Pflanzenbestimmungsmethoden über Apps oder gedruckte Anleitungen kann durch intuitive Icons, Beschreibungen und Fragen unterstützt werden, die den Nutzer durch den Bestimmungsprozess führen.

Publikation:

Wäldchen, J., Wittich, H. C., Rzanny, M., Fritz, A., & Mäder, P. (2022). Towards more effective identification keys: A study of people identifying plant species characters. People and Nature. https://doi.org/10.1002/pan3.10405

Los geht’s! Sammelt Flora-Incognita-Abzeichen für vielfältige Pflanzenfunde!

Seit 2018 sammeln und bestimmen Naturliebhaber*innen mit unserer Flora-Incognita-App wildwachsende Blütenpflanzen, und mit den dazugehörigen Pflanzensteckbriefen verbessert sich ihre Artenkenntnis stetig. Aber, wie Ihr vielleicht wisst, ist Flora Incognita mehr als das: Jede bestätigte Beobachtung (über das grüne Häkchen in der oberen rechten Ecke nach einer Bestimmung) trägt zu einer riesigen, globalen Sammlung von Pflanzenfunden bei, mit denen unsere Wissenschaftler*innen Veränderungen der biologischen Vielfalt erforschen.

Mit unserer gerade veröffentlichten App-Version wollen wir das Ganze auf ein neues Niveau heben: Wir führen die Flora-Incognita-Abzeichen ein! Jedes Abzeichen belohnt den Benutzer oder die Benutzerin für das Erfüllen bestimmter Aufgaben: Das Sammeln von Frühblühern, Gräsern, dem Baum des Jahres, Farne oder einfach nur die Nutzung der App an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Freue Dich auf viele Herausforderungen, die du lösen kannst – vielleicht hast du sogar schon erste Ziele erreicht?

Deine gesammelten Abzeichen findest du im Profilbereich der App. Tippe auf „Erfolge“, um zu einer Übersicht über alle Aufgaben zu gelangen, die wir für dich vorbereitet haben. Wir hoffen, dass Dich diese neue Funktion dazu motiviert, über das Gewohnte hinauszuschauen, den kleinen Umweg zu gehen, und Pflanzen noch genauer zu untersuchen. Wir freuen uns auf Dein Feedback! Eine Bewertung im App Store, ein Teilen auf Twitter, Facebook oder Instagram oder auch eine Empfehlung an einen Freund oder eine Freundin sind Möglichkeiten, die heutigen Neuigkeiten zu verbreiten. Wir wissen das sehr zu schätzen!

Wenn Dir in der neuen App-Version etwas seltsam vorkommt oder unerwartet funktioniert, schick uns eine E-Mail. Und jetzt ist es an der Zeit, in der App nachzusehen, ob Du Dir bereits einige Abzeichen verdient hast!

Neues Flora Incognita Update

Unser neues Relase bringt euch ein modernes und vereinfachtes Nutzererlebnis, und eine ganze Reihe neuer Funktionen, mit denen ihr noch mehr Freude an euren Pflanzenfunden haben könnt:

Pflanzen bestimmen:

  • Die neue Benutzeroberfläche ist moderner und übersichtlicher.
  • Es ist jetzt einfacher, eine Pflanze in der Natur aufzunehmen und zu bestimmen.
  • Ihr könnt mit einer neuen Kamerafunktion den Autofokus deaktivieren, um viel einfacher kleine Objekte scharf zu fotografieren.

Pflanzenfunde sammeln:

  • Ihr könnt nachträglich Bilder zu einer Beobachtung hinzufügen.
  • Ihr könnt mit eigenen Schlagworten eure Pflanzenfunde leichter sortieren und filtern.
  • Ihr könnt eure Pflanzenfunde jetzt auf einer Karte ansehen und filtern.
  • Ihr könnt durch zahlreiche Filter die allgemeine Artenliste leichter ansehen.

Verfügbarkeit:

  • Auch ohne ein persönliches Profil könnt Ihr eure Daten auf ein neues Gerät übertragen.
  • Ihr könnt Flora-Incognita-Bilder in eurer Galerie speichern.

Steckbriefe:

  • Wir haben umfangreiche Informationen zu invasiven Arten in Mitteleuropa ergänzt.

Unsere Flora Incognita App geht mit MS Wissenschaft auf Tour

Das Ausstellungsschiff MS Wissenschaft startete am 03.05.2022 auf Deutschlandtour, auch mit Flora Incognita an Bord. Die Flora Incognita App ist eines von 25 ausgewählten Exponaten, die Menschen jeden Alters in dem schwimmenden Science Center zum Entdecken, Ausprobieren und Mitmachen einladen. Nicht nur junge Menschen ab etwa zwölf Jahren können hinter die Forschungskulissen schauen und werden so neugierig auf Wissenschaft und Forschung gemacht. Auf ihrer viereinhalbmonatigen Fahrt bis zum 16. September legt die MS Wissenschaft, eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, in 31 Städten an, unter anderem an Spree, Rhein, Neckar, Mosel und Saar.

Flora Incognita, die App zur automatischen Pflanzenbestimmung, ist mit mehr als fünf Millionen Installationen überaus erfolgreich. Aber welche Technik steckt dahinter? Welche Methoden haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Entwicklung der App angewendet? Was motivierte sie, die App zu entwickeln? Und welchen Beitrag können Privatpersonen zur Überwachung der Biodiversität und damit zum Schutz der Natur leisten? Antworten auf diese Fragen erhalten die Besucherinnen und Besucher an Bord der MS Wissenschaft – und dabei ist Anfassen ausdrücklich erlaubt. Im Bauch des umgebauten Frachtschiffs wird die Flora Incognita auf einem Touchscreen simuliert. So können Naturbegeisterte auf einer virtuellen Wiese verschiedene Pflanzenarten auswählen. Sie erfahren dabei, wie die Pflanzen heißen und welche Bedeutung sie für den Naturschutz und für die Wissenschaft haben. Anhand von Karten und Videos wird gezeigt, wie die Flora Incognita einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der Pflanzenvielfalt leistet.

Auf der MS Wissenschaft ist die Flora Incognita in der Regel täglich von 10 bis 19 Uhr zu erleben, Schulklassen sind schon ab 9 Uhr willkommen. Zusätzlich zur Ausstellung gibt es in vielen Städten entlang der Route ein Rahmenprogramm mit Diskussionsveranstaltungen, wissenschaftlichen Filmabenden und Workshops für Schulklassen. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

 

Link: MS Wissenschaft

Bildquelle: Ilja C. Hendel/Wissenschaft im Dialog, CC BY-SA 4.0

Deep Learning in der phänologischen Pflanzenforschung: Eine systematische Literaturübersicht

Negin Katal hat gemeinsam mit ihrem Team einen Übersichtsartikel über aktuelle Forschungsansätze welche tiefe Lernverfahren (Deep Learning) in der Pflanzenphänologieforschung verwenden verfasst. Die Veröffentlichung gibt einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse aus 24 ausgewählten, von Experten begutachteten Studien, die in den letzten fünf Jahren (2016-2021) veröffentlicht wurden.

Die Phänologie von Pflanzen befasst sich mit der Veränderung des im Jahreverlauf periodisch wiederkehrenden Entwicklungsstufen von Pflanzen (z.B.: Blüte, Blattaustrieb, Blattfall, etc.). Forschungsarbeiten zur Phänologie haben zunehmend an Bedeutung gewonnen, da Klima-schwankungen und -veränderungen Einfluss auf die Phänologie von Pflanzen nehmen. Eine der größten Herausforderungen dabei ist die Entwicklung von Werkzeugen zur effizienten Analyse großer Datenmengen. Tiefe neuronale Netze können bei der Bildverarbeitung massiv unterstützen, dabei helfen Muster zu erkennen und machen es überhaupt erst möglich große Mengen an Bildmaterial effizient auszuwerten.

„[…]Deep Learning soll vor allem die bisher sehr zeit- und kostenintensiven, direkten phänologischen Messungen und Beobachtungen vereinfachen.“

Unser Artikel beschreibt die verwendeteten Methoden, die nach den untersuchten phänologischen Stadien, dem Vegetationstyp, dem räumlichen Maßstab und der Datenerfassung kategorisiert sind.

Einzelbeobachtungen sind beispielsweise menschliche Beobachtungen von Pflanzen, unter dem Kronendach installierte Kameras oder auch Herbarmaterial welches über Jahrhunderte und rund um den Globus gesammelt wurde.

Oberflächennahe Messungen beispielsweise mit PhenoCams, oberflächennahen Digitalkameras, die knapp über dem Kronendach angebracht sind oder mit Drohnen durchgeführt. Über Satelliten-Fernerkundung werden beispielsweiseIndices wie der Spektrale Vegetationsindex (VI) oder der erweiterten Vegetationsindex (EVI) bestimmt.

Außerdem werden Forschungstrends aufgezeigt und diskutiert sowie  vielversprechende zukünftige Richtungen aufgezeigt.

Die wichtigsten Ergebnisse

Die untersuchten Studien wurden in elf verschiedenen Ländern und in verschiedenen Vegetationstypen (Grasland, Wald, Buschland, landwirtschaftliche Flächen) durchgeführt. Die überwiegende Mehrheit der Primärstudien untersucht phänologische Stadien an einzelnen Individuen. Zehn Studien untersuchten die Phänologie auf regionaler Ebene. Keine einzige Studie arbeitet auf globaler Ebene. Tiefe Lernverfahren sollen in erster Linie die bisher sehr zeit- und kostenintensiven direkten phänologischen Messungen vereinfachen.

Im Allgemeinen sind die wichtigsten phänologischen Stadien das Aufbrechen der Blattknospen, Austrieb der Blätter, Blühbeginn, Erscheinen der Früchte, Seneszenz (Laubfärbung) und das Abwerfen der Blätter. Unter den untersuchten Studien beschäftigte sich mehr als die Hälfte entweder mit den Blattaustrieb oder mit dem Blühbeginn.

Dabei wurden unterschiedliche Methoden verwendet, um Trainingsmaterial für die Lernalgorhitmen zu gewinnen. Zwölf Studien verwendeten Bilder aus digitalen Wiederholungsaufnahmen und analysierten diese. Die Publikation enthält ausführliche Informationen über verschiedenen Arten von digitaler Fotografie, die sich besonders für die Bereitstellung dieser Trainingsdaten eignen.

Darüber hinaus in unserem Paper die Deep-Learning-Methoden, welche beim phänologischen Monitoring eingesetzt werden, kategorisiert, verglichen und diskutiert. Wir haben  festgestellt, dass Klassifizierungs- und Segmentierungsmethoden sich als sehr vorteilhaft erwiesen haben und am häufigsten angewendet werden, insbesondere weil sie mühsame und fehleranfällige manuelle Aufgaben ersetzen oder unterstützen können.

Es gibt unterschiedliche Methoden die Phänologie der Pflanzen zu beobachten.

Zukünftige Trends in der phänologischen Forschung durch den Einsatz von Deep Learning

Methoden des maschinellen Lernens benötigen große Datenmengen, um trainiert zu werden. Daher ist die Erhöhung der absoluten Zahl an gesammelten Daten eine der größten Herausforderungen – insbesondere in Regionen oder Ländern, in denen es bisher keine traditionellen phänologischen Beobachtungsnetze gibt. In dem Papier werden Methoden und Instrumente beschrieben, die sich als wichtige Hebel zur Unterstützung dieser Art von Forschung erweisen werden, zum Beispiel:

Die Installation von Kameras unter dem Kronendach, die automatisch Bilder aufnehmen und über lange Zeiträume hinweg übermitteln.

PhenoCams erweisen sich als neuer und vielversprechender Weg, um die Forschung voranzutreiben: Über indirekte Methoden, welche die Veränderungen in Bildern nachverfolgen, indem sie beispielsweise Veränderung der grünen oder roten Farbkoordinaten aus PhenoCam-Bildern bestimmen und dann dann mittels Algorithmen den Zeitpunkt phänologischer Ereignisse abzuleiten. Wir erwarten, dass in Zukunft viele weitere Studien erscheinen werden, die PhenoCam-Bilder über die bisher berechneten Vegetationsfarbindizes hinaus auswerten.

Citizen Science-Daten aus Pflanzenbestimmungs-Apps wie Flora Incognita erweisen sich als langfristige Quelle für Vegetationsdaten. Diese Bilder sind mit einem Zeitstempel und Standortinformationen versehen und können daher ähnlich wie Herbarmaterial wichtige Informationen, z. B. über Blütezeiten, liefern.

Es wird deutlich, dass Deep-Learning-Methoden in der Phänologieforschung erfolgreich angewendet und genutzt können und die traditionelle Erfassung und Auswertung von Daten verbessern und beschleunige können. Wir, als Forschungsteam, freuen uns darüber, ein Teil davon zu sein und laden Sie herzlich dazu ein, selbst eine wichtige Rolle zu spielen – indem Sie Flora Incognita nutzen, um die Vielfalt und den Wandel der Biodiversität um Sie herum zu beobachten und zu dokumentieren.

Wenn Sie Fragen zu unserer Forschung haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren! Sie finden Negin Katal zum Beispiel auf Researchgate und Twitter (@katalnegin).

Publikation

Katal, N., Rzanny, M., Mäder, P., & Wäldchen, J. (2022). Deep learning in plant phenological research: A systematic literature review. Frontiers in Plant Science, 13. https://doi.org/10.3389/fpls.2022.805738

Lassen sich Süßgräser über Smartphone-Bilder automatisch bestimmen?

Quecke oder Weidelgras? Gräser gelten als schwer zu bestimmende Arten. Die Quecke (Agropyron repens) wird in Gärten gefürchtet und bekämpft. Das Weidelgras (Lolium perenne) hingegen ist Grundlage vieler Rasenmischungen und ein wertvolles Futtergras. Nur welches ist welches?

In unserer gerade erschienenen Publikation haben wir untersucht ob sich Gräser trotz ihrer großen Ähnlichkeit automatisch erkennen und unterscheiden lassen. Dabei wollten wir wissen welche Perspektiven sich eignen und ob das sogar ohne Blüte möglich ist. Wir haben 31 Arten untersucht und dabei Aufnahmen des Blütenstandes, der Blätter und des Blatthäutchens verwendet. Dabei zeigte sich, dass eine Kombination verschiedener Perspektiven das Ergebnis verbessert. Der Blütenstand lieferte dabei die meiste Information. Sind keine Blüten vorhanden so sind Bilder des Blatthäutchens aus Richtung des Blattes am besten geeignet um die Grasarten zu unterschieden. Alle Bilder wurden mit verschiedenen Smartphones angefertigt.

 

Was lernen wir daraus für Flora Incognita? Auch schwierigere Gruppen lassen sich gut automatisch bestimmen, vorausgesetzt man fotografiert die richtigen Pflanzenteile. Diese neu gewonnenen Erkenntnisse werden in die Weiterentwicklung unserer App einfließen. In unserem Experiment erreichten wir für die 31 Arten eine Genauigkeit von > 96%.  Dabei haben wir auch viele Trainingsbilder gewonnen, die der Verlässlichkeit der Flora Incognita App bei Gräsern zukünftig deutlich verbessern werden.

 

 

 

Publikation

Rzanny M, Wittich HC, Mäder P, Deggelmann A, Boho D & Wäldchen J (2022) Image-Based Automated Recognition of 31 Poaceae Species: The Most Relevant Perspectives. Front. Plant Sci. 12:804140. https://doi.org/10.3389/fpls.2021.804140

 

 

 

 

Digitales Imkern zum Lernen und Spielen

Mit der App „beeactive“ des Vereins Bienenforschung Würzburg können Kinder und Jugendliche spielend mehr über Bienen und die Biodiversität verschiedener Wildpflanzen in ihrer Umgebung lernen. Das Ziel soll sein, den Natur- und Artenschutz in den Fokus zu rücken und ihr Bewusstsein dafür zu erweitern. Flora Incognita stellt hierbei die automatische Bestimmung der Pflanzenarten als wichtigen Spielinhalt von „beeactive“ zur Verfügung.

Erkunde mit der virtuellen Imkerin Melli Fera spielerisch die Welt des Imkerns!

Stelle Augmented-Reality-Bienenvölker auf und versorge diese mit Nektar und Pollen der (realen) umliegenden Pflanzen! Die Verbindung von beeactive und Flora Incognita macht es möglich, sowohl in das Thema Bienenkunde/Imkern einzutauchen, als auch Deine Artenkenntnis zu erweitern! Je mehr verschiedene Arten und Bienenweiden Du findest, desto besser geht es Deinem Bienenvolk – und wenn genug Nahrung vorhanden ist, kannst Du auch weitere Stöcke aufstellen.

Blühkarte der Region München

Aber beeactive ist mehr: Als Serious Game unterstützt es bei der Erstellung ganz realer, lokaler und regionaler Blühkarten. Diese zeigen Imker:innen auf, welche Tracht in welcher Menge wo verfügbar ist. Hier kannst Du sehen, wie so etwas aussieht: -> Blühkarte  
Filtere nach Nektar- und Pollenangebot oder nach dem Pflanzentyp, oder finde heraus, wie Du ganz konkret das Nahrungsangebot vor Ort für Wild- und Honigbienen verbessern kannst.

Ergänzt wird das Spiel durch vielfältige Informationen über die Ökologie von Honig- und Wildbienen, sowie zu Grundlagen von ökologischen Zusammenhängen. Ein integriertes Quiz ermöglicht eine direkte Anwendung des neuen Wissens und festigt das Gelernte.

Weitere Informationen findest Du auf folgender Webseite: https://beeactive.app/.

 

Die App „beeactive“ wurde von Porf. Tautz und Florian Schimpf entwickelt und aus Mitteln der Bayerischen Sparkassenstiftung finanziert. Sie ist kostenlos im Google Play Store und im App Store von Apple erhältlich.