Phänologie: Hochsommer – lange Tage, laue Nächte

Denken wir an den Hochsommer, hören wir vielleicht summende Insekten, zwitschernde Vögel oder das fröhlichen Lachen von Kindern, die ihre Ferien in vollen Zügen auskosten. Der Hochsommer bringt uns eine Fülle von Aktivitäten im Freien und unvergessliche Momente, die uns hoffentlich noch lange in Erinnerung bleiben.
Aber der Klimawandel macht auch vor Veränderungen in der Natur nicht Halt. Es ist wichtig, jedes Jahr aufs Neue gewisse markante Zeitpunkte zu dokumentieren, um die Veränderungen sichtbar zu machen. Schauen wir uns also genauer an, was den phänologischen Hochsommer auszeichnet:

Die Sommerlinde blüht

Die Blüte der Sommerlinde kennzeichnet den Beginn des Hochsommers. Um sie nicht mit der Winterlinde zu verwechseln, schaust Du Dir am besten die Blattbehaarung an: Die Sommerlinde besitzt kleine weiße Härchen auf der gesamten Blattunterseite und an den Trieben, während die Winterlinde lediglich auf den Nerven und in den Nervenwinkeln der Blattunterseite behaart ist. Die Blüten der Linde kannst Du für Tee sammeln, aber natürlich sind sie aufgrund ihres hohen Zuckergehalts im Nektar auch eine wichtige späte Futterquelle für viele Insekten.

Johannisbeeren reifen

Reife Johannisbeeren sind die ersten süßen Sommerfrüchte, die man in Zentraleuropa „wild“ ernten kann. Die heutigen Kultursorten sind allerdings nicht mehr identisch mit der ursprünglichen Ribes rubrum– Um das Aroma zu verbessern und die Kultur zu optimieren, wurden andere Johannisbeerarten eingekreuzt. (oder die Farbe: Weiße Johannisbeeren sind nur eine Farbvariante der roten Schwester). Die Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum) ist übrigens näher mit der Stachelbeere verwandt als mit der Roten Ribisel, und ist – je nach Züchtung – etwas später reif als die Rote. Die Sträucher der Schwarzen Johannisbeere besitzen einen Geruch, der von manchen als „unangenehm“ empfunden wird. Allerdings wird aus den Blütenknospen ein wichtiger Parfüm-Extrakt gewonnen!

Süßkirschen pflücken

Süßkirschen (Prunus avium), auch Vogelkirschen genannt (der Artname verrät’s!), gehören zu den Rosengewächsen. Beliebt bei Kinderfingern und Schleckermäulern sind wohl vor allem die bekannten Zuchtformen Knorpelkirsche (Prunus avium subsp. duracina) und Herzkirsche (Prunus avium subsp. juliana), denn die Wildform Prunus avium L. subsp. avium hat nur winzige, schwarze und bittersüße Früchte. Sie gehört typischerweise in Eichen-Hainbuchen-Mischwälder und kann dort auf über 20m Höhe heranwachsen. Die Fruchtreife der Kultur-Süßkirsche ist ein markanter Zeiger des Hochsommers. Im Jahr 2021 wurden für Deutschland 27.340 t, für Österreich 6.210 t und für die Schweiz 4.415 t Ernte registriert – zum Vergleich: Die Türkei führt mit 689.834 t Jahresproduktion die Liste der größten Süßkirschenproduzenten weltweit an.

Wintergerste kann gedroschen werden

Die Gerste (Hordeum vulgare)  gehört zu den Süßgräsern (Poaceae). Mit einer beeindruckenden Anbaugeschichte von rund 10.000 Jahren zählt sie zu den Urgesteinen der europäischen Landwirtschaft. In der Phänologie spielt die Wintergerste eine bedeutende Rolle. Im Herbst gesät, gedeiht sie zunächst prächtig bei angenehmen 10°C und wird oft als erste Ernte vom Feld geholt, schon vor allen anderen Getreidearten. Dieser Erntezeitpunkt ist ein weiterer Anzeiger für den Hochsommer. In Deutschland wird Wintergerste auf ca. 1,24 Mio. Hektar angebaut, während die Sommergerste auf nur ca. 0,5 Millionen Hektar gedeiht. Insgesamt werden pro Jahr in Deutschland etwa 10 bis 12 Millionen Tonnen Gerste geerntet.

 

Dieser Artikel wurde im Sommer 2023 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!