Phänologie: Vollherbst

Ein Blick in die Natur zeigt: Reife Kornelkirschen liegen auf dem Boden und die Herbst-Zeitlosen sind verblüht. Eine neue phänologische Jahreszeit beginnt: Der Vollherbst. Vielleicht beschert er uns einen „Goldenen Oktober“ mit vielen warmen Tagen, aber das Wetter ist kein Anzeiger der Phänologie. Diese beachtet den alljährlich gleich ablaufenden Entwicklungszyklus von Pflanzen, und so ist der Vollherbst bestimmt durch die Fruchtreife der Stiel-Eiche, dann folgen späte Birnensorten und Weinreben. Der Höhepunkt ist die Laubfärbung der Rosskastanie. Das Ende des Vollherbstes tritt ein, wenn sich das Laub von Rot-Buche und Stiel-Eiche verfärbt und beginnt zu fallen. Im Mittel dauert der Vollherbst vom 17. September bis zum 19. Oktober.

Eicheln

Die Stiel-Eiche (Quercus robur) gehört zur Familie der Buchengewächse. Sie ist in Europa weit verbreitet und verträgt sowohl (kurze) Staunässe als auch Trockenphasen. Entsprechend findet man sie sowohl im Tiefland als auch auf Höhen von bis zu 100 m NHN. Im April-Mai blüht die Stiel-Eiche, und spätestens dann erkennt man auch ihr namensgebendes Element: Die Blüten (und später die Eicheln) sitzen an 4-6 cm langen Stielen. Eicheln sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Vogel- und Säugetierarten (Eichelhäher, Eichhörnchen!)

Späte Birnensorten

Äpfel und Birnen zu vergleichen ist selten eine gute Idee, aber eines kann man ganz gut sagen: Birnen (Pyrus communis) brauchen mehr Wärme als Äpfel, um ihr volles Aroma zu entfalten. Frühe Birnensorten müssen schnell verzehrt werden und sind nicht lagerfähig. Die im Herbst reifenden Früchte können – je nach Sorte – bis über den Winter gelagert werden. Klassische aromatische Birnensorten sind Conférence und Gellerts Butterbirne. Unter den Neuheiten punktet die ertragreiche Sorte „David“ mit festen, süßen, saftigen Früchten und einem Reifezeitpunkt von Anfang bis Mitte Oktober.

Weintrauben

Die Weinrebe (Vitis vinifera) ist die Heilpflanze des Jahres 2023, denn ihre Früchte (Weinbeeren) sind reich an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Diese sind vor allem in den Kernen der Beeren konzentriert. Man findet sie aber auch in der Schale und im Laub roter Trauben. Ob eine Traube reif zur Ernte ist, erkennt man daran, dass alle ihre Beeren verfärbt sind und die Fruchtstiele verholzt. Außerdem sind in den Beeren die Kerne braun und nicht mehr cremefarben, und sie lösen sich leicht vom umgebenden Fruchtfleisch. Die Trauben werden am besten mit einer Schere komplett vom Trieb abgeschnitten und sind im Kühlschrank bis zu 14 Tage lang haltbar – wenn verdorbene Beeren zuvor entfernt wurden.

Rosskastanie
Es gibt mehrere Arten der Gattung Rosskastanie, phänologisch interessant ist die Gewöhnliche Rosskastanie Aesculus hippocastanum. Übrigens: Die Edelkastanie, Castanea sativa, von der die leckeren Maroni stammen, ist mit den Rosskastanien nicht verwandt! Die Rosskastanie stammt aus den Mittelgebirgen des Balkans und wird in Mitteleuropa seit dem 16. Jahrhundert als Straßenbaum verbreitet angepflanzt. Weissblühende Rosskastanien leiden oft unter dem Befall der Miniermotte. Dieser führt zu einem vorzeitigen Welken und Abfallen der Blätter im August bis Anfang September. Wenn Du die Laubfärbung der Rosskastanie als Anzeiger für Phänologie dokumentieren möchtest, nutze also bitte gesunde Bäume.

 

Dieser Artikel wurde im Herbst 2023 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!