Strandlingsrasen – Pflanzengesellschaft des Jahres 2023

Lebensraum nährstoffarmes Flachwasser

Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. rief die stark bedrohten Strandlingsrasen zur Pflanzengesellschaft des Jahres 2023 aus. Am Uferbereich klarer, flacher Heidetümpel, auf sand- und kiesreichen Rohböden oder torfigen Substraten fand man sie früher recht häufig – sie sind unscheinbar und an die speziellen Anforderungen des amphibischen Lebensraums gut angepasst. Durch menschliche Eingriffe wie Nährstoffeinträge und Entwässerung, aber auch durch die Folgen des Klimawandels sind Strandlingsrasen heute stark gefährdet. Viele ihrer Habitate sind bereits verloren oder stark zurückgegangen. Aufgrund ihrer Seltenheit und Schutzbedürftigkeit wurden Strandlingsrasen auch in die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union aufgenommen.

Zusammensetzung der Strandlingsrasen
Die Pflanzen leben in Ufernähe, in einem schmalen Streifen zwischen Röhricht und tieferem Wasser, entweder ganz untergetaucht und zeitweise im Trockenen. Schwankungen des Wasserstandes unterstützen die Ausbildung von Strandlingsrasen. Namengebend für die Gesellschaft ist der Europäische Strandling (Littorella uniflora). Ihn begleiten die noch seltenere, zarte, weißblühende Wasser-Lobelie (Lobelia dortmanna) und das zu den Bärlappen gehörende, Gewöhnliche Brachsenkraut (Isoëtes lacustris), allerdings ist dieses in Bayern und Baden-Württemberg bereits ausgestorben. Zur Artengesellschaft gehören aber auch Arten die häufiger zu finden sind, wie Zwiebel-Binse (Juncus bulbosus) oder der Gewöhnliche Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris).

Isoëtiden

Die bestimmenden Vertreter dieser Pflanzengruppe werden auch als niedrigwüchsige Grundsprossgewächse (Isoëtiden) zusammengefasst. Sie alle verbindet eine kräftige und ausdauernde Grundrosette aus schmalen Blättern mit ausgeprägten Luftleitgewebe (Aerenchymen). Diese Anpassung an das Leben im Wasser bewirkt, dass im Gewebe Luft gespeichert werden kann und die Blätter dadurch Auftrieb erlangen. Durch diese Wuchsform überstehen die Pflanzen die jahreszeitlichen, ausgeprägten Wasserspiegelschwankungen: längere Überflutung im Winterhalbjahr, aber auch ausdauernde Trockenphasen im Spätsommer.

Strandlingsrasen finden

Schwankende Wasserstände sehr nährstoffarmer Stillgewässer sind in Deutschland selten, und in Verbindung mit dem unauffälligen Erscheinungsbild der meisten Arten wird man wohl nur sehr unwahrscheinlich über eine Population der Strandlingsrasen „stolpern“. Spannenderweise gibt es aber alte Talsperrenbauwerke im Herzen Deutschlands, deren Verlandungsbereiche nur auf den ersten Blick wie Mondlandschaften aussehen. Im Oberharz, im Raum Clausthal-Zellerfeld gibt es noch etwa 65 Stauteiche, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert angelegt wurden. 35 davon gelten als Talsperren und werden nun, lange nach dem Ende der wirtschaftlichen Nutzung, aus naturschutzfachlichen Gründen weiterhin mit schwankendem Wasserstand betrieben. Hier finden sich großflächige Strandlingsrasen, aber auch die ebenfalls sehr seltenen Zwergbinsengesellschaften mit Hirschsprung (Corrigiola litoralis), Knorpelmiere (Illecebrum verticillatum) oder dem Schlammling (Limosella aquati­ca). Wenn Ihr Strandlingsrasen findet, könnt Ihr das Abzeichen für die Pflanzengesellschaft 2023 sammeln! Mehr Informationen gibt es bei der Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V.: https://www.tuexenia.de/publications/tuexenia/Tuexenia_2022_NS_042_0321-0350.pdf

 

Dieser Artikel wurde im Sommer 2023 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

Petersilie – Giftpflanze des Jahres 2023

Eine giftige Nutzpflanze
Alljährlich lobt der Botanische Sondergarten Wandsbek in Hamburg die Giftpflanze des Jahres aus. Nach der Kartoffel im Vorjahr ist es für 2023 die Petersilie (Petroselinum crispum). Die Wahl der Petersilie zur Giftpflanze des Jahres soll uns daran erinnern, dass auch vermeintlich harmlose Pflanzen ihre Gefahren haben können. Es ist wichtig, sich über potenzielle Risiken und Nebenwirkungen von Pflanzen bewusst zu sein und diese erst nach sorgfältiger Recherche zu nutzen.

Giftige Petersilie?

Petersilie ist eine zweijährige Pflanze, die zuerst die bekannte, niedrige, grundständige Rosette bildet, die in vielen Küchen unverzichtbar ist. Im zweiten Jahr entwickeln sich die bis zu 70 cm hohen Blütenstiele, die unscheinbare, gelbgrüne Blüten tragen. Aus diesen Blüten entstehen giftige Saatkörner.  Die Saatkörner enthalten Petersilienöl, welches das Phenylpropanoid Apiol enthält. Die Aufnahme von Apiol kann zu allergischen Reaktionen führen und in hohen Dosierungen sogar zu Leber-, Herz- und Nierenschäden.

Abzeichen gesammelt?

Wenn Du mit Deiner Flora-Incognita-App dieses Jahr noch eine Petersilie bestimmst, erhältst Du das Abzeichen „Giftpflanze des Jahres 2023“ für Dein Profil!

 

Dieser Artikel wurde 2023 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!

Phänologie: Hochsommer – lange Tage, laue Nächte

Denken wir an den Hochsommer, hören wir vielleicht summende Insekten, zwitschernde Vögel oder das fröhlichen Lachen von Kindern, die ihre Ferien in vollen Zügen auskosten. Der Hochsommer bringt uns eine Fülle von Aktivitäten im Freien und unvergessliche Momente, die uns hoffentlich noch lange in Erinnerung bleiben.
Aber der Klimawandel macht auch vor Veränderungen in der Natur nicht Halt. Es ist wichtig, jedes Jahr aufs Neue gewisse markante Zeitpunkte zu dokumentieren, um die Veränderungen sichtbar zu machen. Schauen wir uns also genauer an, was den phänologischen Hochsommer auszeichnet:

Die Sommerlinde blüht

Die Blüte der Sommerlinde kennzeichnet den Beginn des Hochsommers. Um sie nicht mit der Winterlinde zu verwechseln, schaust Du Dir am besten die Blattbehaarung an: Die Sommerlinde besitzt kleine weiße Härchen auf der gesamten Blattunterseite und an den Trieben, während die Winterlinde lediglich auf den Nerven und in den Nervenwinkeln der Blattunterseite behaart ist. Die Blüten der Linde kannst Du für Tee sammeln, aber natürlich sind sie aufgrund ihres hohen Zuckergehalts im Nektar auch eine wichtige späte Futterquelle für viele Insekten.

Johannisbeeren reifen

Reife Johannisbeeren sind die ersten süßen Sommerfrüchte, die man in Zentraleuropa „wild“ ernten kann. Die heutigen Kultursorten sind allerdings nicht mehr identisch mit der ursprünglichen Ribes rubrum– Um das Aroma zu verbessern und die Kultur zu optimieren, wurden andere Johannisbeerarten eingekreuzt. (oder die Farbe: Weiße Johannisbeeren sind nur eine Farbvariante der roten Schwester). Die Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum) ist übrigens näher mit der Stachelbeere verwandt als mit der Roten Ribisel, und ist – je nach Züchtung – etwas später reif als die Rote. Die Sträucher der Schwarzen Johannisbeere besitzen einen Geruch, der von manchen als „unangenehm“ empfunden wird. Allerdings wird aus den Blütenknospen ein wichtiger Parfüm-Extrakt gewonnen!

Süßkirschen pflücken

Süßkirschen (Prunus avium), auch Vogelkirschen genannt (der Artname verrät’s!), gehören zu den Rosengewächsen. Beliebt bei Kinderfingern und Schleckermäulern sind wohl vor allem die bekannten Zuchtformen Knorpelkirsche (Prunus avium subsp. duracina) und Herzkirsche (Prunus avium subsp. juliana), denn die Wildform Prunus avium L. subsp. avium hat nur winzige, schwarze und bittersüße Früchte. Sie gehört typischerweise in Eichen-Hainbuchen-Mischwälder und kann dort auf über 20m Höhe heranwachsen. Die Fruchtreife der Kultur-Süßkirsche ist ein markanter Zeiger des Hochsommers. Im Jahr 2021 wurden für Deutschland 27.340 t, für Österreich 6.210 t und für die Schweiz 4.415 t Ernte registriert – zum Vergleich: Die Türkei führt mit 689.834 t Jahresproduktion die Liste der größten Süßkirschenproduzenten weltweit an.

Wintergerste kann gedroschen werden

Die Gerste (Hordeum vulgare)  gehört zu den Süßgräsern (Poaceae). Mit einer beeindruckenden Anbaugeschichte von rund 10.000 Jahren zählt sie zu den Urgesteinen der europäischen Landwirtschaft. In der Phänologie spielt die Wintergerste eine bedeutende Rolle. Im Herbst gesät, gedeiht sie zunächst prächtig bei angenehmen 10°C und wird oft als erste Ernte vom Feld geholt, schon vor allen anderen Getreidearten. Dieser Erntezeitpunkt ist ein weiterer Anzeiger für den Hochsommer. In Deutschland wird Wintergerste auf ca. 1,24 Mio. Hektar angebaut, während die Sommergerste auf nur ca. 0,5 Millionen Hektar gedeiht. Insgesamt werden pro Jahr in Deutschland etwa 10 bis 12 Millionen Tonnen Gerste geerntet.

 

Dieser Artikel wurde im Sommer 2023 in der Flora-Incognita-App als Story angezeigt. In der App findest Du jederzeit spannende Informationen zu Pflanzen, Ökologie, Artenkenntnis, sowie Tipps und Tricks zum Pflanzenbestimmen. Schau‘ doch mal rein!